Wezensleden dynamiek

Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, Rudolph Steiner.

Rudolf Steiner Gesamtausgabe nr. 293.

9e druk, Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992.

Eine kleine Zusammenfassung

Erster Vortrag

Einleitung in die Vortragsreihe Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik aus Sicht der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft, die erklärt das die Menschheit durch Entwicklungsepochen hin verschiedene Aufgaben gestellt bekommt. Die Menschheit muss sich selbst bewusst werden von den speziellen Aufgaben dieser Entwicklungsepochen.

Der Materialismus hat hervorgebracht, dass die Menschen kein Bewusstsein haben von den besonderen Aufgaben einer besonderen Zeit. Die Erziehung der Kinder kann erst vollständig erfüllt werden, als die Menschheit so weit ist, dass die Eltern verstehen, dass schon in der ersten Epoche der Erziehung besondere Aufgaben der heutigen Menschheit gestellt sind. Die ganze heutige Kultur, bis in die Sphäre des Geistigen hinein, ist gestellt auf den Egoismus der Menschheit. Die Unsterblichkeitsfrage wird im religiösen Gebiet darauf hin geordnet, dass der Mensch nicht wesenlos durch die Pforte des Todes hindurch zu gehen hat, sondern sein Ich zu erhalten. Der Tod wird vor allen Dingen ins Auge gefasst und die Geburt wird vergessen. Der Tod ist die geistige Fortsetzung des Physischen, die Geburt ist die physische Fortsetzung des Geistigen. Die Geburt passiert dann wenn der Mensch sich im Geistigen nicht mehr weiterentwickeln kann und eine neue Daseinsform benötigt. Diese neue Daseinsform bekommt er dadurch, dass er sich umkleiden lässt mit dem physischen Körper und dem Ätherleib.

Wo die Menschen in ihren Gedanken und Empfindungen den Zusammenhang verloren haben mit den geistigen Welten wird das Fragen oftmals abstrakt. Das konkrete Denken findet immer ein Ende, das abstrakte Denken läuft mit dem Gedanken immer endlos wie ein Rad herum.

Die Geburt ist der Übergang von einem geistigen zu einem physischen Plan. Bevor das Menschenwesen die physische Erde betritt wird eine Verbindung zwischen dem Geist und der Seele eingegangen. Den Geist verstehen wir als noch ganz verborgen in der physischen Welt und gliedern ihn in den Geistmensch, den Lebensgeist und das Geistselbst. Diese drei Wesensglieder des Menschen sind in der übersinnlichen Sphäre vorhanden. Die Kraft die von dieser Dreiheit ausgeht, die durchdringt das Seelische des Menschen: die Bewusstseinsseele, die Verstandes- oder Gemütsseele und die Empfindungsseele. Diese zwei Dreiheiten verbinden sich zur Geistseele oder dem Seelengeist. Das Höhere des Menschen steigt nun herab und empfängt durch die Vorgänge der physischen Vererbung den Körperleib oder Leibeskörper, der auch aus zwei Dreiheiten besteht. Der Leib aus dem Empfindungsleib oder Astralleib, dem Ätherleib und dem physischem Leib. Diese Leiber sind wiederum verbunden mit den drei Reichen der physischen Welt: dem mineralischen, dem Pflanzen- und dem Tierreich.

Die Aufgabe der Erziehung, im geistigen Sinn erfasst, bedeutet das In-Einklang-Versetzen der Geistseele oder des Seelengeistes mit dem Körperleib oder Leibeskörper.

Die wichtigste Beziehung des Menschen zur Außenwelt ist das Atmen. In diesem Atmen liegt das ganze dreigliedrige System des physischen Menschen. Ein Glied ist der Stoffwechsel. Der Atmungsprozess hängt stoffwechselmässig mit der Blutzirkulation zusammen. Die Blutzirkulation nimmt die eingeführten Stoffe der äusseren Welt in den menschlichen Körper auf. Das Atmen hängt auch mit dem Nerven-Sinnesleben des Menschen zusammen. Beim Einatmen wird Gehirnwasser in das Gehirn gepresst, beim Ausatmen prellt es zurück in den Körper. Doch beim Kind ist noch nicht die richtige Harmonie, der rechte Zusammenhang hergestellt zwischen dem Atmungsprozess und dem Nerven-Sinnesprozess. Durch das harmonisieren des Atmens mit dem Nerven-Sinnesprozess wird das Geistig-Seelische in das physische Leben des Menschen hereingezogen.

Um einen Einklang zwischen den zwei Wesensgliedern dem Körperleib und der Geistseele zu schaffen benötigt es noch den Wechsel zwischen Schlafen und Wachen in einer dem Menschenwesen entsprechenden Weise zu vollziehen. Was der Mensch auf dem physischem Plan erlebt muss hereingetragen werden in dasjenige, was der Seelengeist oder die Geistseele vom Einschlafen bis zum Aufwachen tut und aus der geistigen Welt muss die Kraft zurückfliessen können, um dann im physischen Dasein ein rechter Mensch zu sein/werden.

Das Lernen des richtigen Atmens und des richtigen Rhythmus im Abwechseln zwischen Schlafen und Wachen, in dem einen wirkt mehr das Hereinbringen der Geistseele in den physischen Leib und in dem anderen mehr das Hereinbringen der Körperlichkeit in die Geistseele.

Durch solche Gedanken über die kosmische Bedeutung des Atmungsprozesses und des Rhythmusprozesses zwischen Schlafen und Wachen werden alle Instanzen welcher dem Persönlichkeitsgeist zugrunde liegen abgedämpft. Es wird etwas von dem ausgelöscht was gerade am meisten vorhanden ist im Menschen dadurch, dass er ein physischer Mensch ist.

Der Mensch wirkt in der Welt nicht nur durch das was er tut, sondern vorallem durch was er ist.

Der Mensch wurde geboren, das zu tun, was er nicht in der geistigen Welt konnte.

Zweiter VortragAntipathie & Sympathie

Jeder Unterricht in der Zukunft wird auf eine wirkliche Psychologie gebaut werden müssen, welche aus anthropologischer Welterkenntnis herausgeholt ist. Wir leben im Zeitalter der Bewusstseinsseele, haben aber noch keine geistige Vertiefung erreicht wirklich zu einer tatsächlichen Erfassung der menschlichen Seele kommen zu können. Die Begriffe der Seelenkunde, die aus dem alten Wissen (4. nach atlantische Epoche) stammen sind für uns mehr oder weniger inhaltsleer. Darum benötigen wir heute eine Entwicklung um richtige und deutliche Begriffe zu schaffen, um den einzelnen Menschen auch seelisch an das ganze Weltenall an zu schließen. Erst dann, wenn man den Zusammenhang des einzelnen Menschen mit dem ganzen Weltenall ins Auge fassen kann, ergibt sich eine Idee von der Wesenheit Mensch als solcher.

Lassen sie uns zuerst unbefangen einen deutlichen Begriff gewinnen, was Vorstellung ist. Vorstellung hat einen Bildcharakter und keinen Seinscharakter, so wie die Nase oder die Augen, grob gesagt. Vorstellung ist also eigentlich nicht, sondern bloßes Bild. Dadurch kann man die Dinge mit der Vorstellung ergreifen, ohne in ihnen zu sein und mit ihnen zusammen zu fließen. Das heißt, soweit meine Erkenntnis reicht, bin ich nicht, sondern ist nur Bild.

Sieht man qualitativ auf die Beweglichkeit des Vorstellens, spricht man von gedanklichem Tätig-sein, was aber nur bildhafte Tätigkeit sein kann. Bilder müssen Bilder von etwas sein. Vorstellen ist Bild von all den Erlebnissen, die vor der Empfängnis von der Seele in der rein geistigen Welt erlebt sind. Für wirklich Erkennende ist einfach das Vorstellen selbst ein Beweis des vorgeburtlichen Daseins, weil es Bild dieses vorgeburtlichen Daseins ist. Diese Idee führt aus der bloßen Worterklärung heraus und in ein wirkliches Ergreifen der vorstellenden Tätigkeit.

Folgens den Psychologen stellt das Vorstellen den Inhalt des Willens bereit. Für sich selber hat der Wille zunächst keinen eigentlichen Inhalt. Was ist der Wille aber eigentlich? Der Wille ist der Keim im Menschen für das, was nach seinem Tode geistig-seelische Realität wird.

Die Vorstellung wirkt von der einen Seite durch Bilder von unserem vorgeburtlichem Leben, der Wille auf der anderen Seite, den man als Keim für ein späteres Aufblühen im nachtodlichem Geistigen in sich trägt. Der Keim ist etwas Überreales, ein Bild ist etwas Unterreales. Ein Keim wird später erst zu einem Realen, so dass der Wille in der Tat sehr geistiger Natur ist.

Das menschliche Seelenleben ist somit in zwei Gebiete zerteilt und in der Mitte befindet sich das ganze Ausleben des physischen Menschen selbst, die Kräfte der Antipathie und Sympathie wirken unbewusst und bedeuten das Fühlen, welches sich aus dem Wechselspiel dieser Kräfte zusammensetzt.

Die Antipathie entwickelt der Mensch, weil er nicht mehr in der geistigen Welt bleiben kann, gegen alles was geistig ist. In Sympathie verbindet er sich mit der Willenstätigkeit die nach dem Tode zu seinem Dasein hinaus strahlt. Durch die Antipathie wird das vorgeburtlich Lebendige zum Vorstellungsbild abgeschwächt. Durch Verstärkung der Kraft der Antipathie entsteht das Erinnerungsbild, das Gedächtnis. Durch das Bildhafte im Gedächtnis zu behalten entsteht der Begriff.

Auf der anderen Seite steht das Wollen. Durch Sympathie verstärkt man in sich das Wollen und es entwickelt sich die Phantasie. Steigert man die Kraft der Sympathie genügend, so dass sie die Glieder des Menschen durchdringt bis in die Sinne, dann bekommt man die Imagination.

Das ist das seelische im Menschenwesen, welches verbunden ist mit dem Leiblichem, so dass Erkennen, Antipathie, Gedächtnis und Begriff an die Leibesorganisation der Nerven gebunden ist. Das Wollen, die Sympathie, Phantasie und Imagination sind im physischen Körper an das Blut gebunden.

Es gibt drei Orte im Körper in denen Antipathie und Sympathie ineinander spielen, das Gehirn, das Rückenmark und in den Ganglienhäufchen.

Der Mensch ist äußerlich deutlich gegliedert in das Kopfsystem, Brustsystem und Leibessystem mit den Gliedmaßen. Man kann die Glieder nicht hübsch nebeneinanderlegen, so kann man auch keine Grenze oder klare Linie zwischen den Systemen ziehen. In Realität sind Menschen im Kopf hauptsächlich Kopf, aber der ganze Mensch ist nebenbei verbunden mit dem Kopfsystem. So auch die Brust ist hauptsächlich Brust, aber das Brustsystem breitet sich nebenbei in den ganzen Menschen aus. Folglich auch das Leibessystem mit den Gliedmaßen ist nebenbei im Kopf und der Brust anwesend.

Der Mensch hat durch die Antipathie des Kosmos seine Hauptesbildung, welches er zur eigenen Freiheit bedienen kann, weil der Kosmos dieses Haupt zuerst von sich ausgestoßen hat. Im Haupt stößt unsere Antipathie mit der Antipathie des Kosmos zusammen und es entstehen unsere Wahrnehmungen.

Alles Innenleben kommt von dem liebevollen sympathischen Umschlingen des Gliedmassensystems durch den Kosmos. So drückt sich in der menschlichen Leibesgestaltung aus, wie der Mensch auch seelisch aus dem Kosmos gebildet ist und was er in seiner Trennung wieder aufnimmt aus dem Kosmos.

Dritter Vortrag

Der Lehrer müsste im Hintergrund von allem eine umfassende Anschauung über die Gesetze des Weltenalls haben. In der Zukunft muss alles, was zur Lehrerschaft gehört, einander ebenbürtig sein und dass man ein starkes Gefühl in der Öffentlichkeit dafür haben müsste, dass die Lehrer der unteren Schulstufen gleichwertig, auch in Bezug auf ihre geistige Konstitution, dem Lehrer höherer Schulstufen sind.

Die psychologische Erkenntnis leidet unter der kirchlichen dogmatischen Feststellung, die im Jahre 869 gefallen ist und in der eine ältere Einsicht verdunkelt worden ist: die Einsicht, dass der Mensch gegliedert ist in Leib, Seele und Geist. Man kann gar nicht zu einer wirklichen Einsicht in die menschliche Wesenheit kommen, würde man sich an das kirchliche Dogma halten der Mensch bestünde aus Leib und Seele oder aus Körper und Geist.

Der folgende Irrtum betrifft das sogenannte Gesetz von der Erhaltung der Energie oder der Kraft. Es lautet: Die Summe aller im Weltenall vorhandener Energien oder Kräfte sei eine konstante, diese Kräfte wandeln sich nur um und erscheinen mal als Wärme ein andermal als mechanische Kraft. So gesagt hat man die Aufdeckung der Metamorphose von Energien oder Kräften durch Julius Robert Mayer missverstanden.

Sobald man nämlich meint, dass niemals Kräfte wirklich neu gebildet werden, wird man nicht zu einer Erkenntnis des wahren Wesens des Menschen gelangen können. Denn dieses wahre Wesen des Menschen beruht gerade darin, dass fortwährend durch ihn neue Kräfte und Stoffe gebildet werden.

Der äußeren Welt steht auf der einen Seite das Vorstellungs-, Gedankenleben, das bildhafter Natur, das eine Art Spiegelung des vorgeburtlichen ist gegenüber und auf der anderen Seite was willens-artiger Natur ist, was als Keim hinweist auf unser nachtodliches Leben. Mit der Denk- oder Vorstellungsseite erfassen wir von der Natur ihr fortwährendes Sterben. Mit unseren 12 Sinnen erfahren wir die Natur nicht erkenntnismässsig, sondern willensmäßiger Natur. Dadurch erfasst der Mensch was in der Natur aus dem Sterbenden sich erhebt um zur Zukunft der Welt zu werden.

Über diesen zwei Elementen – der Erfassung des Toten durch den Verstand und der Erfassung des Lebendigen, des Werdenden durch den Willen – steht im Menschen das reine Denken. Es bezieht sich auf das übersinnliche im Menschen selber und befähigt ihn ein autonomes Wesen zu sein. Der Mensch bekommt daher seine Freiheit, durch das sinnlichkeitsfreie Denken, in dem auch immer der Wille lebt. Von diesem Gesichtspunkt erkennt man in der Natur den Strom des Sterbens und den Strom des Neuwerdens durchaus auch in sich selbst.

Der Mensch wird nur richtig vorgestellt, wenn er selbst noch mit seinem Tode im kosmischen Prozess drinnen stehend gedacht wird. Wäre der Mensch nämlich nicht in der Erdenevolution vorhanden, dann wären die Tiere zum großen Teile nicht da. Ebenso aber wäre die Erdenentwicklung längst in ihren Endzustand hineingekommen, wenn ihr nicht fortwährend die Kräfte des menschlichen Leichnams zugeführt würden. Der physische Leib ist anders, wenn man ihn als Kind bekommt, als wenn man ihn in irgendeinem Lebensalter durch den Tod ablegt. Wir machen mit den Stoffen etwas anderes, als die Tiere oder Pflanzen mit ihnen machen. Der Mensch übergibt dem Erdenprozess tropfenweise etwas, was durch ihn fortwährend aus der übersinnlichen Welt in den physisch-seelischen Erdenprozess einfließt. Der Mensch übergibt der Erde in seinem Leibe das Ferment, gleichsam die Hefe für die Weiterentwicklung. Durch diese befruchtenden, übersinnlichen Kräfte wird der Evolutionsprozess der Erde erhalten.

Wie wirken die Strömungen der Natur auf den Menschen ein?

Der Strom des Sterbens wirkt im Knochen- und Nervensystem des Menschen. Die todbringenden Kräfte wirken in uns herein und in dem wir sie lassen bilden sich unsere Knochen. Wir schwächen die Kräfte ab und es bilden sich unsere Nerven. Der Nerv will fortwährend verknöchern, er ist fortwährend gedrängt abzusterben, wie der Knochen im Menschen immer etwas im hohen Grade Abgestorbenes ist.

Die fortwährend Leben gebenden Kräfte, die andere Strömung der Natur, wirkt im Muskel- und Blutsystem. Der Nerv wird dadurch nicht Knochen, weil ihm Blut- und Muskelsystem entgegenstehen und sein Knochenwerden verhindert.

Darum besteht eine Verwandtschaft zwischen dem Nervenmark, der Nervensubstanz und dem Knochenmark, der Knochensubstanz. Wie man mit dem Nerventeil denkt, so ist auch alles was der Mensch an abstrakter Wissenschaft hat, der Fähigkeit unseres Knochensystems zu verdanken. Das wird dadurch herbeigeführt, dass unser Knochensystem eine wesentliche Erkenntnis hat; aber das alltägliche Bewusstsein erstirbt, bevor es die Ebene des Knochensystems erreicht und nur die Bilder der Geometrie werden reflektiert. In dem er die Geometrie ausbildet, bildet er etwas nach was er selbst unbewusst im Kosmos tut.

Der Mensch ist nicht bloß Zuschauer der Welt, sondern er ist Schauplatz der Welt, auf den sich die großen kosmischen Ereignisse immer wieder und wieder abspielen.

Wir stellen etwas auf, wie zum Beispiel das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und des Stoffes und proklamieren es als ein Weltgesetz. Man sollte bloß die Begriffe dazu verwenden, um ein gewisses Gebiet von einem anderen abzugliedern, man sollte bloß Postulate aufstellen, sollte keine Definitionen geben, die den Anspruch erheben, universell zu sein.

Vierter Vortrag – Willensbildung

In der Zukunftserziehung und im Zukunftsunterricht muss ein ganz besonderer Wert auf die Willens- und die Gemütsbildung gelegt werden. Will man diesen Bereich nicht dem sogenannten Zufall überlassen braucht man eine deutliche Einsicht in die wirkliche Natur des Willens. Erst wenn man den Willen wirklich erkennt, kann man auch wenigstens einen Teil der anderen Gefühls- oder Gemütsbewegungen erkennen.

Wille ist das ausgeführte Gefühl und das Gefühl ist der zurückgehaltene Wille. Alles, was im Willen lebt gestaltet sich im Leben zwischen Geburt und Tod nicht vollständig aus, es bleibt ein Rest von jedem Willensentschluss und jeder Willenstat im Menschen fortleben (und dieser wird durch den Tod fortgesetzt). Dieser Rest muss durch das ganze Leben und insbesondere auch im kindlichen Alter berücksichtigt werden. Betrachtet man den vollständigen Menschen nach Leib, Seele und Geist, sieht man den Leib als Träger der vererbten Merkmale eingebunden in die Vererbungsströmung. Das Seelische, als das was sich aus dem vorgeburtlichem Dasein mit dem Leiblichen verbindet. Das Geistige ist eigentlich nur seiner Anlage nach vorhanden (mit dem Potential (in einer fernen Zukunft) entwickelt zu werden).

Darauf wollen wir Rücksicht nehmen, um hier die Grundlagen einer guten Pädagogik zu legen. Ein deutliches Bewusstsein von den Gliedern des Geistes im Menschen erreichen nur die Menschen, die auf das Geistige zu sehen vermögen. Im gesamten morgenländischem Bewusstsein spricht man von den Manen, und beschreibt damit, was vom Menschen nach dem Tode übrig bleibt. Das Volk spricht in der Mehrzahl/Plural, weil in dem Augenblick des Todes der Mensch von einer Mehrzahl von geistigen Wesenheiten aufgenommen wird. Wir, die wir wissenschaftlich mehr auf den Menschen vor dem Tode uns beziehen, sagen in der Einzahl: das Geistselbst = Manas. Ein zweiter, höherer Bestandteil des Menschen ist dann das was wir Lebensgeist nennen. Das Höchste, was als Anlage im Menschen vorhanden ist, das ist der eigentliche Geistesmensch.

Wenn also der Mensch stirbt und sich wieder in die geistige Welt hineinlebt, entwickeln sich diese drei Glieder, gewissermaßen vor deutend auf ein zukünftiges Menschheitsdasein unter der Leitung der geistigen Wesenheiten der höheren Hierarchien sehr deutlich. In der Seele sind die drei Glieder der Bewusstseinsseele, der Verstandes- oder Gemütsseele und die Empfindungsseele ausgeprägt und zusammengefügt mit den Gliedern des Geistes. Nun lebt die Geistseele in dem Leibe, diesen können wir untergliedern in den feinsten Leib, den nennen wir Empfindungsleib oder Astralleib, dann den ätherischen Leib und den groben physischen Leib. Damit haben wir den ganzen Menschen in seinen neun Gliedern vor uns.

Vergleichen wir den Leib nun mit der Tierwelt bekommen wir eine empfindungsgemäße und für die Auffassung des Willens brauchbare Vorstellung. Der physische Leib des Menschen ist eigentlich nicht vollkommener als der des Tieres. Der äußere, physische Leib des Tieres ist so geformt, dass er sich in die äußere, physische Welt so einfügt, dass er das was in den Formen seines physischen Leibes lebt, zur Herstellung und Erhaltung seines Lebens verwenden kann. Sein physischer Leib selbst ist in dieser Beziehung sein Lehrmeister. Wir können beobachten und werden in der Form der tierischen physischen Leiber finden, dass darin etwas verankert ist, was im physischen Leibe des Menschen in dieser Stärke nicht vorhanden ist. Das umfassen wir mit dem Begriff des Instinktes. Was der Instinkt als Wille ist, das ist im Bilde die Form des physischen Leibes der verschiedenen Tiere. Wollen wir also den Willen studieren, müssen wir ihn zuerst aufsuchen im Gebiete des Instinktes und müssen uns bewusst werden, das wir den Instinkt in den Formen der physischen Leiber der verschiedenen Tiere auffinden. Wir überschauen die Formen der physischen Tierleiber und sehen darin eine Zeichnung, welche die Natur selbst von den Instinkten schafft, durch die sie verwirklichen will, was im Dasein lebt.

Der Ätherleib lebt im physischen Leib, diesen ganz durch gestaltend, durchdringend. Er ist für die äußeren Sinne unsichtbar, übersinnlich. Aber er ergreift die Willensnatur, ermächtigt sich des Instinktes, verinnerlicht und vereinheitlicht ihn mehr, wodurch der Instinkt zum Trieb wird.

Der Empfindungsleib ergreift den Trieb und erzeugt nicht nur eine Verinnerlichung, sondern hebt Instinkt und Trieb ins Bewusstsein hinauf und daraus wird die Begierde.

Ein Instinkt wird wahrgenommen als dem Wesen von außen aufgedrängt. Ein Trieb äußert sich von der Geburt bis zum späten Alter einheitlich. Die Begierde wird mehr einmalig temporär von der Seele erkraftet, darum braucht sie nicht charakterologisch zu sein, sie braucht dem Seelischen nicht anzuhaften, sondern sie entsteht und vergeht.

Wenn der Mensch in sein Ich, das heißt in Empfindungsseele, Verstandes- oder Gemütsseele und Bewusstseinsseele, dasjenige herein nimmt was als Instinkt, Trieb und Begierde in seinem Leiblichem lebt, was wird dann daraus gemacht?

(Da unterscheiden wir nicht so streng, wie innerhalb des Leiblichen, weil Sie in der Seele tatsächlich, namentlich beim gegenwärtigen Menschen, alles mehr oder weniger durcheinander gemischt haben. Das ist ja auch das Kreuz der gegenwärtigen Psychologie, dass die Psychologen nicht wissen, sollen sie die Glieder der Seele streng auseinanderhalten, oder sollen sie sie durcheinander fließen lassen? Da spuken noch bei einzelnen Psychologen die alten strengen Unterscheidungen zwischen Wille, Gefühl und Denken; bei anderen zum Beispiel bei den mehr Herbartischen gearteten Psychologen wird alles mehr nach der Vorstellungsseite hin übergeleitet, bei den Wundtianern mehr nach der Willensseite. Also man hat keine rechte Vorstellung davon, was man eigentlich mit der Gliederung der Seele machen soll.)

Das kommt daher, weil im praktischen Leben in der Tat das Ich alle Seelenfähigkeiten durchsetzt und weil beim gegenwärtigen Menschen in Bezug auf die drei Glieder der Seele die Unterscheidung auch in der Praxis nicht deutlich hervortritt. Daher hat die Sprache auch keine Worte, um das, was in der Seele Willens-artiger Natur ist zu unterscheiden.

Aber im allgemeinen bezeichnen wir das beim Menschen was als Instinkt, Trieb, Begierde vom Ich erfasst wird als Motiv. Dadurch haben wir was beim gegenwärtigen Menschen vom Willen vorliegt und wodurch er hinsichtlich seiner Willensnatur erkannt werden kann. Aber nicht ganz! Wenn der Mensch Motive entwickelt klingt leise noch der Wunsch mit. Der Wunsch nach besser machen, sogar anders machen. Dadurch unterscheidet sich der in der Kultur etwas höherstehende Mensch von dem niedriger stehenden, der letztere will immer mit sich zufrieden sein. Die Menschen sehen etwas wer weiß wie Großes darin, wenn sie eine Handlung bereuen. Das ist aber nicht das Beste, was man mit einer Handlung anfangen kann, denn die Reue beruht vielfach auf einem bloßen Egoismus. Unegoistisch wird unser Streben erst dann, wenn man nicht die schon vollbrachte Handlung besser haben möchte, sondern wenn man viel größeren Wert darauf legt, in einem nächsten Falle dieselbe Handlung besser zu machen. Dieses ist etwas von dem Rest, was wir fühlen: Wir sollten es besser gemacht haben, wir wünschten es besser zu machen. – das gehört schon dem Geistselbst an. Dadurch kommen wir in den Bereich des sogenannten Unterbewussten des Menschen, wo der zweite Mensch wirksam ist und sich oftmals außerordentlich raffiniert äußert. In jedem Menschen sitzt unten, gleichsam unterirdisch der andere Mensch, der sich immer vornimmt die Sache oder Handlung das nächste Mal besser zu machen. Der Vorsatz bleibt ganz Keimhaft in der Seele liegen, der Entschluss folgt dann später nach. Und der Entschluss sitzt ebenso im Geistesmenschen, wie der Vorsatz im Lebensgeist und wie der reine Wunsch im Geistselbst sitzt.

Fassen sie also den Menschen als wollendes Wesen ins Auge, so können Sie alle diese Bestandteile finden: Instinkt, Trieb, Begierde, Motiv und dann leise anklingend das, was schon im Geistselbst, im Lebensgeist und im Geistesmensch lebt als Wunsch, Vorsatz und Entschluss. Im gewöhnlichen Bewusstsein haben Sie nur die Bilder die in ihr Vorstellungsleben treten von diesen drei letzten Willensformen. Wir werden nur dann in menschlich entsprechender Weise diesen Wunsch, Vorsatz und Entschluss erleben, wenn diese Dinge in richtiger Art herangebildet werden.

Es müssen Menschen da sein, welche wissen, dass der Fortschritt nach der sozialen Seite ein um so intimeres Erfassen des Menschen von Seiten der Erziehung fordert. Es genügt nicht, den Unterricht einzurichten nach dem gewöhnlichem Menschenverkehr, sondern man muss diesen Unterricht aus der Erfassung des inneren Menschen heraus gestalten. Daher muss man wissen, dass gerade von dem Zukunftserzieher und -unterrichter das Innerste der Menschennatur angefasst werden muss, dass man mit diesem Innersten der Menschennatur leben muss und dass der gewöhnliche Verkehr, wie er sich zwischen Erwachsenen abspielt, nicht im Unterricht angewendet werden darf. Also auf das was tief unten in der Seele sitzt muss die Erziehung und der Unterricht eingehen können.

Was vom Unterricht und von der Erziehung wirkt auf die Willensnatur des Menschen?

Alles Intellektuelle ist schon greisenhafter Wille, ist schon der Wille im Alter. Also alle gewöhnliche Unterweisung im verstandesmäßigem Sinne, alle gewöhnliche Ermahnung, alles, was für die Erziehung in Begriffe gefasst wird, wirkt in dem Alter, für die die Erziehung in Betracht kommt, noch gar nicht auf das Kind.

Wie können wir dann einen guten Einfluss auf die Gefühlsnatur des Kindes nehmen?

Gefühl ist werdender, noch nicht gewordener Wille; aber im Willen lebt der ganze Mensch, so dass man auch bei dem Kind mit den unterbewussten Entschlüssen rechnen muss. Guten Einfluss können wir nur durch das Errichten von dem wiederholentlichen Tun bewirken. Mehr unbewusstes Wiederholen kultiviert das Gefühl; voll bewusstes Wiederholen kultiviert den eigentlichen Willensimpuls, denn dadurch wird die Entschlusskraft erhöht.

Wir dürfen also nicht mit Bezug auf die Willenskultur auf das sehen, was beim intellektuellem Leben von besonderer Wichtigkeit ist, – dort bringt man einem Kind einmal etwas bei und es ist umso besser, je besser es die Sache begriffen oder nur behalten und sich gemerkt hat. Aber was so einmal beigebracht und dann behalten werden kann, das wirkt nicht auf Gefühl und Wille.

Warum wirkt denn ganz besonders das künstlerische Element auf die Willensbildung?

Weil das ja im Üben erstens auf der Wiederholung beruht, zweitens weil dasjenige, was sich der Mensch künstlerisch aneignet, ihm immer wieder Freude macht.

Fünfter Vortrag – Die Gefühlstätigkeit

In dem wir die Gefühlstätigkeit betrachten, bietet sich auch die Möglichkeit die erkennende und die willensmäßige Seite der Menschennatur intensiver zu durchdringen. Es muss klar/deutlich werden/sein das man Denken, Wollen und Fühlen nicht getrennt nebeneinander stellen kann. In der lebendigen Seele geht die eine Tätigkeit in die andere über.

In dem Willensakt steckt immer Vorstellen, erkenntnismassige Tätigkeit drinnen, anders wäre der Mensch mehr animalisch/tierisch und würde aus einer stumpfen, instinktiven Tätigkeit heraus alles das vollziehen, was aus dem Willen strömt. Ebenso steckt in allem Denken der Wille drinnen. Wie Gedanken selber geformt oder miteinander verbunden werden, wie Urteil und Schluss übergehen, das alles ist von einer feineren Willenstätigkeit durchströmt. So können wir nur sagen: Willenstätigkeit ist hauptsächlich Willenstätigkeit und hat als Unterströmung die Denktätigkeit; die Denktätigkeit ist hauptsächlich Denktätigkeit und hat als Unterströmung die Willenstätigkeit.

Im Erkennen, im Vorstellen lebt eigentlich Antipathie und in der Willenstätigkeit lebt die Sympathie. So wie in der Seele die Tätigkeiten ineinanderfliesen sehen wir das selbe im Leiblichen ausgeprägt. Sie brauchen nur ein wenig hinein dringen in die Tätigkeit eines Sinnesorgans, dann finden sie das Sympathische herrührend vom Willensteil, von dem Blutteil und das Antipathische vom Erkenntnisteil, dem Vorstellungsteil, dem Nerventeil.

Ein großer Unterschied von Tier und Mensch mit Bezug auf die Sinne. Die Tiere senden viel mehr Bluttätigkeit in die Sinne hinein als der Mensch. Dadurch entwickelt das Tier in seinen Sinnen viel mehr Sympathie, instinktive Sympathie mit der Umwelt, ist daher viel mehr zusammengewachsen und mehr angewiesen auf die Abhängigkeit von Klima, von den Jahreszeiten und so weiter als der Mensch. Der Mensch hat in Wirklichkeit mehr Antipathie zur Umwelt, aber im gewöhnlichen Leben kommt sie nicht zum Bewusstsein. Aber dadurch kann sich der Mensch von der Umgebung absondern, diese Tatsache bewirkt unser gesondertes Persönlichkeitsbewusstsein. Geradeso wie uns nur ausnahmsweise unsere Antipathie mit der Umwelt ins Bewusstsein kommen darf im Erkennen, so darf uns unsere immer vorhandene Sympathie mit der Umwelt nur in Ausnahmefällen, in Fällen der Begeisterung, der hingebenden Liebe, zum Bewusstsein kommen.

In dem wir zuerst Kinder werden handeln wir mehr oder weniger aus bloßer Sympathie. Wenn die Sympathie geboren wird in der Welt, so ist sie starke Liebe, starkes Wollen. Aber sie kann nicht so bleiben, sie muss durchdrungen werden vom Vorstellen, sie muss gewissermaßen fortwährend erhellt werden vom Erkennen. Das geschieht in umfassender Weise in dem in die Instinkte die moralischen Ideale eingegliedert werden. Bleiben die Instinktimpulse durch das ganze Leben nur sympathisch so würden wir uns unter dem Einfluss unserer Instinkte animalisch entwickeln. Diese Instinkte müssen uns antipathisch werden. Daher ist moralische Entwicklung immer etwas Asketisches. Es muss nur dieses Asketische im richtigen Sinne gefasst werden. Es ist immer ein Üben in der Bekämpfung des Animalischen.

Nun steht zwischen Erkennen, Denken und Wollen mitten drinnen die menschliche Gefühlstätigkeit. Von einer gewissen mittleren Grenze strömt auf der einen Seite alles das aus was Sympathie ist: Wollen; auf der anderen Seite strömt alles aus was Antipathie ist: Denken. Aber die Sympathie wirkt auch zurück in das Denken hinein, und die Antipathie des Denkens wirkt auch in das Wollen hinein. Und so wird der Mensch ein Ganzes, in dem das, was sich auf der einen Seite hauptsächlich entwickelt, auch in die andere Seite hineinwirkt. Im Fühlen fließen ganz stark ineinander Willenselemente und Denkelemente. Das Wollen, das im gewöhnlichem Leben objektiver verläuft, steigert sich bis zur Tätigkeit aus Enthusiasmus, aus Liebe heraus. Da sehen sie ganz deutlich ein sonst von der Notwendigkeit des äußeren Lebens hervorgebrachtes Wollen durchströmt vom Fühlen. Wenn sie etwas Enthusiastisches oder Liebevolles tun, so tun sie das was aus dem Willen fließt, in dem sie es durchdrungen sein lassen von einem subjektiven Gefühl. So auch bei der Sinnestätigkeit mischt sich das Fühlen mit ein. Ob sie sich bis zum Ekel steigert oder auf der anderen Seite bis zum Einsaugen des angenehmen Blumenduftes, so fließt die Gefühlstätigkeit in die Sinnestätigkeit über.

Aber auch in die Denkfähigkeit fließt die Gefühlstätigkeit hinein. Die Dinge, die objektiv richtig sind, sind deshalb noch nicht bewusst in unserer Seele. Und bewusst bekommen wir kein Urteil in unsere Seele herein, ohne das die Gefühlstätigkeit mitwirkt. So steht der objektive Inhalt des Urteils außerhalb der Gefühlstätigkeit fest, damit aber in der subjektiven Menschenseele die Überzeugung von der Richtigkeit des Urteils zustande komme, muss die Gefühlstätigkeit sich entwickeln.

(Zu genauen Begriffen muss man sich erst erheben und es gibt heute keine andere Erziehung als die durch Geisteswissenschaft zu genauen Begriffen, weil diese die Begriffe aus der Wirklichkeit hergeholt sind, nicht aus dem bloßen Spiel mit den Worten.)

Gefühl ist sowohl noch nicht ganz gewordene Erkenntnis wie noch nicht ganz gewordener Wille, zurückgehaltene Erkenntnis und zurückgehaltener Wille. Daher ist das Fühlen zusammengesetzt aus Sympathie und Antipathie, die im Erkennen und Wollen sich verstecken, unterbewusst einzeln wirken. Im Fühlen werden sie offenbar.

Der Mensch hat anfangs nicht die ganze Wirklichkeit. Er entwickelt sich erst weiter und im Weiterentwickeln wird ihm das, was vorher noch nicht Wirklichkeit ist, durch das Ineinander gehen von Denken und Anschauung erst zur wahren Wirklichkeit. Der Mensch erobert sich erst die Wirklichkeit. Denn die Wirklichkeit ist nicht in der Umgebung, ist auch nicht in der Erscheinung, sondern es ist so, dass die Wirklichkeit erst nach und nach auftaucht durch unser Erobern dieser Wirklichkeit, so dass das Letzte was an uns herantritt, die Wirklichkeit erst ist. Im Grunde genommen wäre das die richtige Wirklichkeit, was der Mensch in dem Augenblicke erschaut, wo er sie nicht mehr aussprechen kann, in jenem Augenblicke nämlich wo er durch die Pforte des Todes geht.

Sechster Vortrag: Betrachtung des Menschen vom geistigen Gesichtspunkt

Lassen Sie uns die Unterschiede zwischen Wollen, Fühlen und Denken vom geistigen Gesichtspunkt aus erfassen. Das Wesentliche beim denkenden Erkennen ist, dass der Mensch mit vollem Bewusstsein in dem ganzen Prozess der Tätigkeit lebt. Nicht so ist es beim Wollen dort lebt er eigentlich nur in der Vorstellung voll bewusst, die eigentliche Tätigkeit wird unbewusst erledigt. Beim Gehen, dem einfachsten Wollen, was der Mensch alles von der Welt zu lernen hätte, wenn er alle notwendigen Vorrichtungen bewusst tun müsste! Das alles geschieht in der Körperlichkeit sehr, sehr unbewusst. Das Fühlen steht zwischen Wollen und Denken zentral. Somit nimmt das Fühlen teil an der Eigenschaft eines erkennenden Denkens und an der Eigenschaft eines fühlenden oder gefühlten Wollens.

Was liegt denn nun da eigentlich vom geistigen Gesichtspunkte aus vor?

Wir reden in unserem gewöhnlichen Leben vom Wachen, von dem wachen Bewusstseinszustand. Aber wir haben diesen wachen Bewusstseinszustand nur in der Tätigkeit des erkennenden Denkens. Wirklich wachend ist der Mensch nur, solange und insofern er ein erkennender Denker von irgendetwas ist.

Wie steht es mit dem Wollen?

Insofern wir wollende Wesen sind als Menschen, schlafen wir, auch wenn wir wachen. Während wir schlafen ist das was wir erleben nicht in unserem Bewusstsein. Ebenso ist es mit allem, was als Unbewusstes unser Wollen durchzieht. Wir tragen immer einen schlafenden Menschen mit uns, nämlich den wollenden Menschen, und begleiten ihn mit dem wachenden, mit dem denkend erkennenden Menschen; Man erkennt den Menschen nicht vollständig, wenn man nicht weiß, dass das Schlafen in sein Wachen herein spielt, indem der Mensch ein Wollender ist.

Wie ist das Bewusstsein im Fühlen?

Gefühle, die der Mensch in seiner Seele unmittelbar erlebt, versteht er so gut, wie er die Träume in der Erinnerung nachempfindet. Die innere Seelenverfassung und Seelenstimmung die der Mensch hat, indem man von den Gefühlen weiß, ist keine andere als die, welche man gegenüber den Träumen hat.

So sind tatsächlich drei Bewusstseinszustände während des Wachens aktiv im Menschen: das Wachen im eigentlichen Sinne im denkenden Erkennen, das Träumen im Fühlen, das Schlafen im Wollen.

Pädagogisch betrachtet können wir erkennen, dass die Kinder verschieden sind mit Bezug auf die Wachheit ihres Bewusstseins. Denn Kinder, bei denen das Gefühlsleben der Anlage nach überwiegt, sind träumerische Kinder. Wenn wir nun ein solches Kind, das träumerisch im Gefühlsleben dahin brütet, mit starken Gefühlen angehen, dann werden diese in das Kind versetzten starken Gefühle nach einiger Zeit von selbst als Gedanken aufwachen.

Kinder, die noch mehr brüten, die sogar stumpf sind gegenüber dem Gefühlsleben, sind besonders stark im Willen veranlagt. Und man muss dann den Blick dafür haben, bei einem solchen Kind den Willen zu erwecken. Ein solches Kind muss so behandelt werden, dass sie möglichst wenig auf sein Erkenntnisvermögen, auf sein Begreifen bauen, sondern ihm einige recht stark auf den Willen wirkende Sachen gewissermaßen einhämmern. Zum Beispiel, indem es spricht, zu gleicher Zeit gehen lassen. Diese Kinder gehen im späteren Leben aus ihrer Cholerik zu tatkräftigem Handeln über.

Erst die Einsicht, dass man es im wachenden Menschen schon zu tun hat mit verschiedenen Bewusstseinszuständen, erst diese Einsicht bringt uns zu einer wirklichen Erkenntnis unserer Aufgaben gegenüber dem werdenden Menschen.

Wie verhält sich das eigentliche Zentrum des Menschen, das Ich, zu diesen verschiedenen Zuständen?

Was wir Welt/Kosmos nennen, das ist eine Summe von Tätigkeiten aus verschiedenen Gebieten des elementaren Lebens. Wir wissen, dass in diesem elementaren Leben Kräfte walten. Und zwischen den elementaren Kräften und der Lebenskraft eingesponnen ist alles, was zum Beispiel die Wärme und das Feuer bewirkt. Wenn wir die Welt nicht oberflächlich betrachten, leben wir in einer Umgebung, die überall von Kräften durchzogen ist. Durch sie gehen wir immer hindurch, indem wir als physische Menschen durch die Welt gehen. Mit unserem Ich, das die jüngste Bildung unserer Evolution ist, könnten wir nicht durch diese Weltenkräfte schreiten, wenn dieses Ich sich unmittelbar an diese Kräfte hingeben sollte. Deshalb ist es notwendig, dass unser Leib uns zuerst die Bilder des Kosmos hervorbringt, dann lebt unser Ich in den Bildern von diesem Kosmos.

Beim Fühlen ist es anders, da dringt das Ich in den wirklichen Leib ein, aber nur träumend, im herab gedämpften Bewusstseinszustand hält das Ich die Vorgänge des Leibes aus.

Und was beim Wollen sich abspielt, das können Sie überhaupt nur erleben, indem Sie schlafen. Der entsetzlichste Schmerz ergriff Sie zum Beispiel, wenn Sie wirklich erleben müssten, wie sich die durch die Nahrungsmittel dem Organismus zu geführten Kräfte beim Gehen in Ihren Beinen verbrauchen.

Das Ich lebt im denkenden Erkennen, indem es in dem Leib aufwacht; da ist es voll wach. Fühlend leben: da sind wir nicht voll wach, sondern da sind wir träumend wach. Das erleben wir tatsächlich in dem, was man immer genannt hat Inspiration, inspirierte Vorstellung, unbewusst inspirierte Vorstellung. Dort wird auch alles das durchgemacht, was beim wachen Menschen oftmals als Einfälle hinaufsteigt ins Wachbewusstsein und zu Bildern wird.

Das Ich im wollenden Tun ist schlafend. Da wird das erlebt, was erlebt wird mit stark herab gedämpftem Bewusstsein in unbewussten Intuitionen. Unbewusste Intuitionen hat der Mensch fortwährend. Sie kommen nur in Glückszuständen des Lebens herauf; dann erlebt der Mensch ganz dumpf die geistige Welt mit.

Wer in diese Dinge hineinsieht, der sieht selbst in scheinbaren Zufälligkeiten des Lebens tiefe Gesetzmäßigkeiten.

Siebenter Vortrag

Es ist alles Begreifen eigentlich ein Beziehen des einen auf das andere. Indem wir uns zur Welt erkennend in Beziehung setzen, beobachten wir zunächst. Entweder beobachten wir mit unseren Sinnen, wie wir das im gewöhnlichen Leben tun, oder wir entwickeln uns etwas weiter und beobachten mit Seele und Geist, wie wir das im Imaginieren, in der Inspiration und in der Intuition können. Aber auch das geistige Beobachten ist eben ein Beobachten, und notwendig ist zur Ergänzung alles Beobachtens, dass wir begreifen. Begreifen aber können wir nur, wenn wir das eine auf das andere im Weltenall, in unserer Umgebung beziehen. Sie können sich gute Begriffe verschaffen von Leib, Seele und Geist, wenn Sie den ganzen menschlichen Lebenslauf erfassen. Nur müssen Sie berücksichtigen, dass Sie bei solchem Beziehen, wie ich es jetzt andeuten werde, immer nur die allerersten Anfangsgründe des Begreifens haben. Sie müssen dann die Begriffe, welche Sie auf diese Art bekommen, weiter ausbilden.

Betrachten Sie nämlich das erst in die Welt gekommene Kind, betrachten Sie es in seinen Formen, in seinen Lebensäußerungen, im Schreien, im Lallen und so weiter, dann bekommen Sie ein Bild mehr des Menschenleibes. Aber Sie bekommen dieses Bild des Menschenleibes auch nur vollständig, wenn Sie es beziehen auf das mittlere und auf das greise Lebensalter des Menschen. Im mittleren Lebensalter ist der Mensch mehr seelisch, im Greisenalter am meisten geistig.

Man kann anführen das auch ein Großer Geist im Alter schwachsinnig werde, doch man kann schwer bestreiten, das sie nicht weiser waren, als sie vor der Todespforte standen, als sie in ihrer Kindheit waren. In der Kindheit ist der Leib imstande alles aufzunehmen was aus der Weisheit kommt; dadurch konnte es bewusst werden im physischen Leben. Im Greisenalter dagegen war der Leib unfähig geworden, was der Geist ihm lieferte auch aufzunehmen. Es war der Leib kein richtiges Werkzeug des Geistes mehr.

Betrachten wir dagegen den Menschen in seinen Lebensäußerungen mehr in seinem mittleren Alter, so bekommen wir die Anfangsgründe für das Beobachten des Seelischen. Daher kann auch der Mensch in seinem mittleren Lebensalter, das Seelische mehr verleugnen. Er kann seelenlos oder sehr beseelt erscheinen. Denn das Seelische steht in der Freiheit des Menschen, auch in der Erziehung. Der Mensch trägt in sich denkendes Erkennen, Fühlen und Wollen. Schauen wir uns das Kind an, dann haben wir in dem Bilde, das uns das Kind seelisch darbietet, eine enge Verknüpfung zwischen Wollen und Fühlen. Das Kind ist nicht imstande, die Bewegungen etwa von dem Gefühl auseinanderzuhalten.

Anders wird das beim Greise. Bei ihm ist das Entgegengesetzte der Fall: denkendes Erkennen und Fühlen sind zusammengewachsen, und das Wollen tritt in einer gewissen selbstständigen Art auf.

Es verläuft also der menschliche Lebensgang in der Weise, dass das Fühlen, welches zuerst an das Wollen gebunden ist, sich allmählich im Laufe des Lebens vom Wollen loslöst. Dann verbindet sich das vom Wollen losgelöste Fühlen mit dem denkenden Erkennen. Damit hat es dann das spätere Leben zu tun. Bei dem Greise der wirklich sein Fühlen mit dem denkenden Erkennen verbunden hat, klingen daher die Begriffe und Ideen warm, wirklichkeitstreu, konkret, persönlich. Er erzählt nicht Theorien, sondern was er persönlich an Gefühlen verknüpfen konnte mit den Ideen und Begriffen. Werden Ideen und Begriffe nicht vom persönlichen Empfinden durchdrungen bleiben sie theoretisch, abstrakt, wissenschaftlich klingen. Das gehört nun einmal zum menschlichen Leben, dass von den menschlichen Seelenfähigkeiten ein gewisser Gang durchgemacht wird, indem sich das fühlende Wollen des Kindes entwickelt zu den fühlenden Denken des Greises.

Das erste bei aller Beobachtung der Welt ist die Empfindung. Wenn irgendeiner unserer Sinne in Zusammenhang kommt mit der Umwelt so empfindet er. Wir empfinden die Farbe, die Töne, Wärme und Kälte. So tritt in unserem Wechselverkehr mit der Umwelt die Empfindung auf.

Welcher der Seelenkräfte ist denn eigentlich die Empfindung am meisten verwandt? Wenn man die Empfindung wirklich in genügender Selbstbeobachtung durchschaut, so erkennt man: die Empfindung ist willens artiger Natur mit einem Einschlag von gefühlsmäßiger Natur. Sie ist zunächst nicht verwandt mit dem denkenden Erkennen, sondern mit dem fühlenden Wollen oder dem wollenden Fühlen. An der Außenseite unseres Leibes breiten sich die menschliche Sinne aus, da ist im Menschen in gewisser Weise fühlendes Wollen oder wollendes Fühlen vorhanden. An dieser Körperoberfläche verüben wir eine Tätigkeit, die halb Schlafen und halb Traum ist; ein träumendes Schlafen oder ein schlafendes Träumen, denn wir schlafen nicht nur in der Nacht, wir schlafen fortwährend an der äußeren Körperoberfläche und so wie im nächtlichen Schlaf sich Träume hineinmischen, sind diese „Träume“ die Sinnesempfindungen, bevor sie vom Verstand und vom denkenden Erkennen erfasst sind.

Bei der Empfindung entdecken wir, dass sie auch eine Entwicklung im Leben durchmacht, dass sie beim Kind mehr willens artigen Charakter hat, beim Greise mehr verstandesmäßig intellektuellen Charakter.

Und so bekommen wir auch nur einen realen Begriff von der Empfindung, wenn wir wissen: sie entsteht als wollendes Fühlen oder fühlendes Wollen beim Kind noch in der Körperperipherie dadurch, dass diese Körperperipherie beim Kind gegenüber dem mehr menschlichen Inneren schläft und dabei träumt. Der Mensch ist nicht nur im denkenden Erkennen voll wach, sondern überhaupt nur im Inneren des Leibes.

Was da an der Oberfläche des Leibes stattfindet, das findet auch in ähnlicher Weise im Kopf, und am stärksten findet es statt, je weiter wir in das Innere des Menschen hineinkommen, in das Muskulöse, das Blut-hafte. Im Inneren schläft der Mensch wiederum und träumt dabei. Nur in der Zwischenzone ist der Mensch ganz wach.

Der Mensch ist vom geistigen Gesichtspunkte angesehen so, dass er an seiner Oberfläche und in seinen Innenorganen schläft und nur in der Zwischenzone im Leben zwischen Geburt und Tod jetzt wirklich ganz wach sein kann.

Welche Organe liegen in dieser Zwischenzone? Diejenigen Organe, besonders im Kopfe, die wir die Nerven nennen, der Nervenapparat, das Gehirn, das Rückenmark und auch das Bauchmark. Aber das Nervensystem hat zum Geiste keine unmittelbare Beziehung, es stirbt fortwährend ab. Für das Geistig-Seelische sind dort, wo die Nerven sind Hohlräume. Daher kann das Geistig-Seelische dort hineinkommen. In diesen Hohlräumen entwickeln sich keine selbstständigen Vorgänge, sondern da hinein setzt sich fort, was draußen ist: die Natur des Lichtes, die Natur der Farben selber . Dort verändern sich Licht und Farbe nicht, da leben Sie Licht und Farbe mit. Da werden Sie selbst zum Licht, zum Ton, weil die Nerven dafür kein Hindernis sind, nicht so wie das Blut und der Muskel.

Wahr ist, dass Gehirn- und Nervensystem gerade nur dadurch mit dem denkenden Erkennen etwas zu tun haben, weil es sich andauernd aus der Organisation des Menschen ausschließt, und weil dadurch das Denken sich entfalten kann. Wir wachen mit Bezug auf den Raum nur in einer Mittelzone vollständig auf. Bringen wir nun sein Zeitliches in Beziehung zum Wachen und Schlafen. Was ist dann Erinnern? Es ist das Aufwachen eines Vorstellungskomplexes. Und was ist das Vergessen? Das Einschlafen eines Vorstellungskomplexes. Vergessen ist nur ein Einschlafen auf einem anderen Gebiete und auch Erinnern ist nur Aufwachen auf einem anderen Gebiete.

Wir müssen von den Worten loskommen und müssen an den Geist der Dinge herankommen. Wir müssen nicht gleich, wenn wir etwas begreifen wollen, jedes mal an das Wort denken, sondern wir müssen die tatsächlichen Beziehungen aufsuchen. Worum es sich handelt, das ist, dass wir überall sachgemäß vorgehen, dass wir also versuchen, nicht von der Wortgeschichte aus einen Begriff vom Geiste zu bekommen, sondern dadurch, dass wir die kindliche Körperbelebung vergleichen mit der Greisenhaften Körperbelebung. Durch dieses Tatsachen-aufeinander-Beziehen bekommen wir reale Begriffe. Das ist es, was für die Zukunft der Menschheit so unendlich notwendig werden wird: dass die Menschen sich bequemen, in die Realität, in die Wirklichkeit sich hineinzubegeben. Die Menschen denken heute fast nur in Worten, sie denken nicht in Wirklichkeiten. Daher werden Sie es begreiflich finden, wenn man so etwas wie die Dreigliederung, was ganz aus der Wirklichkeit, nicht aus abstrakten Begriffen, herausgeholt ist, an die Menschen heranbringt, dass diese Menschen es zunächst unverständlich finden, weil sie gar nicht gewöhnt sind, die Dinge aus der Wirklichkeit herauszuholen. Das war nur eine Zwischenbemerkung, die namentlich mit dem Wesen unserer gegenwärtigen Zeitströmung zusammenhängt. Aber der Pädagoge muss auch die Zeit begreifen, in der er steht, weil er Kinder begreifen muss, die ihm aus einer Zeit heraus zum Erziehen übergeben werden.

Achter Vortrag

Das pädagogische Bestreben muss sein, immer mehr und mehr das Unbekanntere an das Bekanntere auch in Bezug auf die geistige Ideenbildung heranzubringen.

Wer sorgfältig beobachtet, was dem Menschen durch einen gestörten Schlaf verloren geht, der wird daraus eine Erkenntnis entwickeln können für das, was wie störend sich in das ganze menschliche Seelenleben hineinstellt, wenn das Vergessen nicht in das richtige Verhältnis gebracht wird zum Erinnern.

Wir wissen aus dem äußeren Leben, dass schon ein gehörig langer Schlaf notwendig ist, wenn nicht das Ich-Bewusstsein immer unkräftiger und unkräftiger gemacht werden soll, wenn es nicht den Charakter annehmen soll, den man so bezeichnen könnte, dass es durch einen gestörten Schlafzustand zu stark hingegeben wird an die Eindrücke der Außenwelt, an alles mögliche, was von der Außenwelt an das Ich herankommt. So ist es auch, wenn wir in einer unrichtigen Weise in das menschliche Seelenleben herein spielen haben Vergessen und Erinnerung. Wann aber haben wir dies? Dann, wenn wir nicht willkürlich unser Vergessen und Erinnern regeln können.

Äußeres macht Eindruck auf die Menschen, sie geben sich den Eindrücken hin, sie verfolgen aber die Eindrücke nicht ordentlich, verbinden sich durch ihr Ich nicht mit den Eindrücken. Sie suchen nicht durch Willkür den Schatz ihrer Vorstellungen bei irgendeiner Veranlassung zu heben, den sie nötig haben, um dies oder jenes gut zu verstehen, sondern sie lassen die Vorstellung, die aus dem Inneren aufsteigen wollen, von selbst aufsteigen. Da kommt bald diese, bald jene Vorstellung, da hat die Willkür keinen besonderen Einfluss darauf. Man kann schon sagen, dass in vieler Beziehung dies der Seelenzustand für viele Menschen ist, der namentlich in der kindlichen Altersstufe in dieser Art hervortritt.

Woher kommt das Erinnern?

Es kommt davon her, dass der Wille, in dem der gewöhnliche Mensch schläft, eine Vorstellung unten im Unbewussten ergreift und sie heraufträgt ins Bewusstsein.

Geradeso wie das menschliche Ich und der menschliche astralische Leib, wenn sie vom Einschlafen bis zum Aufwachen aus dem physischen Leib und Ätherleib heraus sind, Kraft sammeln in der geistigen Welt, um den physischen Leib und Ätherleib aufzufrischen, so kommt von der Kraft des schlafenden Willens das, was vom Erinnerungsvorgang bewirkt wird. Man kann also auch diesem schlafenden Teil, der im Willen schläft, nicht zumuten, dass er sich direkt im Einzelakt aufraffe, um die Erinnerung zu regeln.

Was ist da zu tun?

Man kann den ganzen Menschen so erziehen, dass er seelische, physische und geistige Lebensgewohnheiten entwickelt, die zu einem solchen Aufraffen des Willens im Einzelfalle führen. Nur dadurch, dass Sie auf das Habituelle (auf das Gewohnheitsmäßige) des Menschen wirken, bringen Sie seinen Willen und damit auch seine Erinnerungskraft in Ordnung. Sie müssen auf diese Art durchschauen, warum alles, was beim Kind ein intensives Interesse erweckt, auch dazu beiträgt, sein Gedächtnis tatkräftig zu stärken. Denn die Gedächtniskraft muss man heben vom Gefühl und Willen aus, nicht etwa durch bloße intellektuelle Gedächtnisübungen.

In der Welt und insbesondere in der menschlichen Welt ist alles in einem gewissen Sinne getrennt, aber das Getrennte wirkt auch wieder zusammen.

Wir können den Menschen in Bezug auf sein Seelisches nicht begreifen, wenn wir das Seelische nicht gliedern nach Denken oder denkendem Erkennen, Fühlen und Wollen. Aber nirgends ist denkendes Erkennen, Fühlen und Wollen rein vorhanden, immer greifen die drei ineinander zu einer effizienten Einheit. So ist alles, was im Menschen ist, zum Teil erkennender, zum Teil fühlender, zum Teil wollender Natur. Und was erkennend ist, das ist hauptsächlich erkennend, aber auch gefühlsmäßig und willensmäßig; was fühlend ist, das ist hauptsächlich fühlend, aber auch erkennend und willensmäßig, und ebenso ist es mit dem Wollenden. Und so ist in der ganzen menschlichen Wesenheit bis in das Leibliche hinein. Will man sich der Wirklichkeit nähern, insbesondere der Wirklichkeit der Menschennatur, dann muss man sich klar sein, dass alle Gliederung vorgenommen wird in einem Einheitlichen; würde man nur auf das abstrakt Einheitliche gehen, so würde man überhaupt nichts kennenlernen. Würde man niemals gliedern, so bleibe die Welt immer im Unbestimmten. Und würde man nur gliedern, nur trennen, alles auseinanderhalten, so würde man niemals zu einer wirklichen Erkenntnis kommen, denn dann würde man nur Verschiedenes erfassen, und die Erkenntnis bliebe aus. Aus Widersprüchen besteht die Wirklichkeit. Wir begreifen die Wirklichkeit nicht, wenn wir nicht die Widersprüche in der Welt schauen.

Die zwölf Sinne

Der Mensch hat im ganzen zwölf Sinne. Besonders auffällig sind fünf Hörsinn, Sehsinn, Geschmackssinn, Geruchssinn und der Tastsinn. In den Tastsinn wird gewöhnlich der Wärmesinn in eins zusammengeschoben, was ungefähr so wäre, als wenn man bei der äußeren Beobachtung der Dinge „Rauch“ und „Staub“ als eins zusammenzählte. Weniger auffällig ist der Gleichgewichtssinn, der uns ein gewisses innerliches, sinnliches Wahrnehmen, wie wir uns im Gleichgewicht halten, damit wir nicht umfallen. Der Mensch hat auch einen Sinn für die eigene Bewegung, durch den er unterscheiden kann, ob er in Ruhe oder in Bewegung ist, ob die Muskeln gebeugt sind oder nicht. Zu diesem Bewegungssinn haben wir außerdem noch für die Wahrnehmung der Stimmung oder des Gemütszustandes unseres Leibes im weitesten Sinne den Lebenssinn. Von diesem Lebenssinn sind sogar sehr viele Menschen sehr abhängig. Sie nehmen wahr, ob sie zu viel oder zu wenig gegessen haben oder ob sie ermüdet sind oder nicht und dadurch fühlen sie sich wohlig oder ungemütlich. Die Wahrnehmung der Zustände des eigenen Leibes spiegelt sich im Lebenssinn.

Nun kann der Mensch sich selbst erleben und die Summe dieses Erlebens als „Ich“ bezeichnen. Die Wahrnehmung meines eigenen Ich in meinem Inneren ist aber etwas anderes, als wenn ich den anderen Menschen als ein Ich erkenne. Die Wahrnehmung des anderen Ich beruht auf dem Ich-Sinn. Da vibriert die Seele; es erbeben: Sympathie – Antipathie. Indem sich die Sympathie entwickelt, schlafen Sie in den anderen Menschen hinein; indem, die Antipathie sich entwickelt, wachen sie auf. Das ist ein sehr kurz dauerndes Abwechseln zwischen Wachen und Schlafen in Vibrationen, wenn wir dem anderen Menschen gegenüberstehen. Im kurzen Aufwachen durch die Antipathie ist die Erkenntnis aus dem

Dann haben wir als nächsten Sinn den Gedankensinn, der nicht zur Wahrnehmung eigener Gedanken ist, sondern für das Wahrnehmen der Gedanken der anderen Menschen. Man glaubt oft das durch die Sprache das Denken aufgenommen wird, aber bedenken sie, Gedanken können auch in Gebärden vermittelt werden. Die Sprache vermittelt nur die Gedanken. Der Gedankensinn ist etwas anderes, als was im Sprachsinn wirkt.

So bekommen sie die Tafel der Sinne. Tatsächlich hat der Mensch zwölf solcher Sinne. Nun können wir die Sinne weiter gliedern.

Die Sinne die hauptsächlich durchdrungen sind von Willenstätigkeit sind Tastsinn, Lebenssinn, Bewegungssinn und Gleichgewichtssinn.

Die nächsten Sinne: Geruchssinn, Geschmackssinn, Sehsinn, Wärmesinn, sind hauptsächlich Gefühlssinne.

Ich-Sinn, Gedankensinn, Hörsinn und Sprachsinn sind hauptsächlich Erkenntnissinne, weil der Wille darin der wirklich schlafende Wille ist, der in seinen Äußerungen vibriert mit einer Erkenntnistätigkeit.

Der Geist muss ergriffen werden durch Bewusstseinszustände, wie Wachen, Träumen und Schlafen. Das Seelische wird ergriffen durch Sympathie und Antipathie, das heißt durch Lebenszustände; das tut sogar die Seele fortwährend im Unterbewussten. Die Seele haben wir eigentlich im astralischen Leib, das Leben im ätherischen Leib und zwischen beiden ist eine fortwährende Korrespondenz im Inneren, so dass sich von selbst das seelische in den Lebenszuständen des ätherischen Leibes auslebt. Und der Leib wird wahrgenommen durch Formzustände.

Neunter Vortrag

Das Gesamtleben des Kindes mit Bezug auf die zwei ersten Lebensjahrzehnte, welche beim Unterricht und bei der Erziehung in Betracht kommen, sind auch dreigeteilt. Von der Geburt bis zum Zahnwechsel trägt das Kind einen ganz bestimmten Charakter an sich, das er ein nachahmendes Wesen sein will. Vom siebenten Jahre bis zur Geschlechtsreife haben wir es zu tun mit dem Kind, das auf Autorität hin dasjenige aufnehmen will, was es wissen, fühlen und wollen soll; und erst mit der Geschlechtsreife beginnt die Sehnsucht des Menschen, aus dem eigen Urteil heraus sich mit der Umwelt in eine Beziehung zu setzen.

Indem wir uns logisch, das heißt denkend erkennend betätigen, haben wir in dieser Betätigung immer drei Glieder. Erstens haben wir die Schlüsse; das zweite, was sie ausführen ist ein Urteil; und das letzte folgende ist ein Begriff. Nun haben diese drei Dinge ihr Dasein im Erkennen, das heißt im lebendigen Geiste des Menschen. Der Schluss ist nur förderlich, wenn er im voll wachenden Leben erfolgt. Das Urteil entwickelt sich zunächst auch im voll wachenden Leben. Aber das Urteil kann schon hinuntersteigen in die Untergründe der menschlichen Seele, da wo sie träumt. Der Schluss sollte nicht einmal in die träumende Seele hinunterziehen. Der Begriff steigt hinunter bis in die schlafende Seele, und dies ist die Seele, die fortwährend am Leibe arbeitet.

Nun ist ja der Mensch in hohem Grade dem Leibe nach fertig gebildet, indem er geboren wird, und die Seele hat nur die Möglichkeit, das, was durch die Vererbungsströmung den Menschen überliefert wird, feiner auszubilden. Die schlafende Seele bildet die Physiognomie des Menschen unter anderem auch nach den feststehenden Begriffen aus. Aus dem Gesicht des reifen Menschen strahlt uns wieder das entgegen, was an Begriffen in die Kinderseele hineingegossen wurde.

Begriffe können also im Unbewussten leben. Urteile können nur leben als Urteilsgewohnheiten im halbbewussten, im träumerischen Leben, und Schlüsse sollen eigentlich nur im voll bewussten, wachen Leben herrschen.

Der Mensch ist gewissermaßen vor dem Zahnwechsel ganz auf das Vergangene noch eingestellt. Von jener Hingabe, die man in der geistigen Welt entwickelt. Daher gibt er sich auch in seine Umgebung hin, indem er die Menschen nachahmt. Die Grundstimmung ist eigentlich eine sehr schöne, die auch gepflegt werden muss. Es ist die unbewussten Annahme: Die Welt ist moralisch. Das ist ja das Erhebende und Große im Anblick der Kinder, die an die Moral der Welt glauben und daher diese Welt nachahmen.

Indem der Mensch als Kind durch den Zahnwechsel durchgeht, lebt er bis zur Geschlechtsreife fortwährend eigentlich in der Gegenwart und interessiert sich für das Gegenwärtige. In der Gegenwart lebt man, wenn man in einer nicht animalischen, sondern menschlichen Weise die Welt um sich her genießt. Das zweite Lebensalter, vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife verläuft in der unbewussten Voraussetzung: Die Welt ist schön.

Und erst mit der Geschlechtsreife beginnt dann so recht die Anlage dafür, auch das in der Welt zu finden: Die Welt ist wahr. Erst dann kann daher der Unterricht damit einsetzen wissenschaftlichen Charakter zu bekommen. Einen richtigen inneren Begriff von der Wahrheit bekommt der Mensch erst wenn er geschlechtsreif geworden ist.

Zehnter Vortrag

Der Mensch in den drei Gliedern seines Wesens hat verschiedene Formen. Die Kopfform ist im wesentlichen die Form des Kugeligen, darin liegt das eigentliche leibliche Wesen des menschlichen Hauptes. Die Kopfform zeigt sich physisch als etwas Abgeschlossenes und verhüllt am allerwenigsten von sich.

Der Brustteil des Menschen lässt ein Fragment einer Kugel, einen Sichelmond sichtbar sein, der andere Teil von seiner Wesenheit ist unsichtbar. Der Brustteil zeigt uns nach der Rückseite seine Leiblichkeit nach seiner Vorderseite geht er ins Seelische über. In älteren Zeiten, in denen die Fähigkeit Formen zu sehen ausgeprägter war, sprach man nicht zu unrecht, von Sonne als dem Kopf entsprechend und von Mond der Brustform entsprechend.

Der Kopf ist ganz Leib; der Brustteil des Menschen ist Leib nach rückwärts, Seele nach vorwärts.

Das dritte ist der Gliedmaßenmensch.

In den Brustteil sind die Gliedmaßen auffallend eingesetzt. Bei den Gliedmaßen ist etwas sichtbar geworden von dem Inneren, von den Radien einer Kugel, so dass also die inneren Teile der Kugel angesetzt sind als Gliedmaßen, quasi sind unserem Muskel- und Blutsystem für Arme und Beine, Hände und Füße die Knochen nur eingesetzt.

Auch der Kopf hat seine Gliedmaßen angesetzt an den Schädel. Doch bei den Knochen der oberen und unteren Kinnlade sind die Muskeln und Blutgefäße vergleichsweise verkümmert. Was bedeutet das? Im Blut und Muskeln liegt die Organik des Willens hauptsächlich ausgebildet in Armen, Beinen, Händen und Füßen. Das, was dem Willen dient, Muskeln und Blut ist den Gliedmaßen des Hauptes genommen, weil in ihnen ausgestaltet sein soll, was zum Intellekt, zum denkerischen Erkennen dient (hinneigt).

Der Kopf hat seinen Mittelpunkt irgendwo im Inneren; er hat ihn konzentrisch. Die Brust hat ihren Mittelpunkt sehr weit weg, also nicht konzentrisch. Das Gliedmassensystem hat ihren Mittelpunkt im ganzen Umkreis. Der Mittelpunkt des Gliedmaßensystems ist überhaupt eine Kugel, also das Gegenteil von einem Punkt. Eine Kugelfläche. Der Mittelpunkt ist eigentlich ringsumher (überall); deswegen können Sie sich überallhin drehen und von überall strahlen die Radien ein. Sie harmonisieren sich mit Ihnen. Was im Kopfe ist, geht vom Kopfe aus; was durch die Gliedmaßen geht, vereinigt sich mit Ihnen. Wir sind wirklich eine ganze Welt, nur dass dasjenige, was da von außen in uns herein will, an seinem Ende verdichtet und sichtbar wird.

In unseren leiblichen Gliedmaßen wird ein sehr winziges Stäubchen sichtbar von dem was wir sind, was wesenhaft das im Gliedmaßensystem des Menschen vorherrschende ist: Geist.

Der Leib ist in den Gliedmaßen nur angedeutet; ebenso ist das Seelische drinnen und das Geistige, das im Grunde genommen die ganze Welt umfasst.

Der Mensch ist zunächst eine riesengroße Kugel, die die ganze Welt umfasst, dann eine kleinere Kugel, und dann eine kleinste Kugel. Nur die kleinste Kugel wird ganz sichtbar, die mittlere wird nur zum Teil sichtbar und die größte wird nur in ihren Einstrahlungen am Ende hier sichtbar, das übrige bleibt unsichtbar. So ist der Mensch in seiner Form aus der Welt heraus gebildet.

Indem wir in der Welt herumgehen, indem wir handelnd auftreten, sind wir Menschen der Gliedmaßen. Was hat denn nun der Bewegung der Welt gegenüber der Kopf für eine Aufgabe? Er ruht auf den Schultern und soll in sich die Bewegung der Welt zur Ruhe bringen. Ihre Seele sitzt im Kopf, der sich von den Gliedmaßen weiterbefördern lässt, ruhig drinnen und bringt die Bewegung innerlich zur Ruhe. So beruhigt in Ihnen der Kopf dasjenige, was die Gliedmaßen als Bewegung vollbringen können in der Welt. Und der Brustteil steht dazwischen. Der vermittelt die Bewegung der Außenwelt mit dem, was der Kopf zur Ruhe bringt.

Es geht geradezu unsere Absicht darauf hin, die Bewegung der Welt durch unsere Gliedmaßen nachzuahmen, aufzunehmen. Was tun wir denn da? Wir tanzen. Die Menschen tanzen in Wirklichkeit. Alles tanzen ist davon ausgegangen, Bewegungen, die die Planeten, die anderen Weltenkörper ausführen, die die Erde selbst ausführt, in den Bewegungen, in den Gliederbewegungen der Menschen zur Nachahmung zu bringen.

Aber wie ist denn das nun mit dem Kopf und mit der Brust, wenn wir die kosmischen Bewegungen tanzend nachbilden in unseren Bewegungen als Mensch? In Brust und Kopf stauen sich dann diese kosmischen Bewegungen. Sie können sich nicht fortsetzen durch die Brust in den Kopf hinein, denn der Kerl ruht auf den Schultern, der lässt die Bewegung sich nicht in die Seele hinein fortsetzen. Die Seele muss in Ruhe an den Bewegungen teilnehmen. Die Seele fängt an, was die Glieder tanzend ausführen zu reflektieren. Sie fängt an zu brummen, wenn die Glieder unregelmäßige Bewegungen ausführen; sie fängt an zu lispeln, wenn die Glieder regelmassige Bewegungen ausführen und sie fängt an zu singen, wenn die Glieder die harmonischen kosmischen Bewegungen des Weltalls ausführen. Somit ändert sich die tanzende Bewegung im Äußeren nach Innen in den Gesang und in das Musikalische.

Weil die Hauptesorgane die äußeren Bewegungen nicht mitmachen, strahlen sie diese Bewegungen in die Brust zurück und machen sie zum Ton, zur anderen Sinnesempfindung. Da liegt der Ursprung der Empfindungen. Da liegt aber auch der Zusammenhang der Künste. Die musischen, die musikalischen Künste entstehen aus den plastischen und architektonischen Künsten, indem das, was plastische und architektonische Künste nach außen sind, die musikalischen Künste nach innen sind.

Reflexion der Welt von innen nach außen.

Verliert der Mensch die Verbindung, die Beziehung zum Geiste, verliert er auch die Beziehung zur Welt. Dadurch fällt er mehr und mehr in seine Egoität (Egoismus). Nun leben wir heute in der Zeit aus der geistigen Beobachtung heraus die Beziehung des Menschen zum Geist und damit zur Welt wiederum kennenlernen zu müssen. Es obliegt insbesondere dem heutigen Lehrer der Jugend, solche Dinge zu wissen. Denn er soll sein Interesse verknüpfen mit dem, was in der Welt geschehen ist. Und er soll die Dinge, die in der Welt geschehen, aus dem Fundament heraus wissen. Denn dann wird er vor dem Menschengebilde die richtige Achtung haben. Er wird in dem Menschengebilde überall die Beziehungen zur großen Welt sehen. Er wird anders an dieses menschliche Gebilde herantreten, als wenn er nur so etwas wie ein besser ausgebildetes Tierlein im Menschen sieht. In jedem Kind liegt ein Zentrum vom Makrokosmos aus. – Denken sie sich, lebendig das gefühlt, was das bedeutet! Diese Gefühle, die man sich zur Pädagogik aneignen muss, die entflammen sich in der Betrachtung (Kontemplation) des großen Weltenalls und seines Zusammenhanges mit dem Menschen.

Elfter Vortrag

Die Dreigliederung des Menschen in Kopfmensch, Rumpf- oder Brustmensch und Gliedmaßenmensch ist. Diese drei Glieder haben verschiedene Beziehungen zu der Welt des Seelischen und des Geistigen.

Der Kopf ist vorzugsweise Leib. Der Brustmensch ist „leibig“ und seelisch anzusehen. Und den Gliedmaßenmensch als „leibig“, seelisch und geistig.

Der Kopf ist schon, wenn der Mensch geboren wird, ein vollkommen ausgebildeter Leib, weil er alles, was zur Ausbildung notwendig ist, durch das Tierische zum Menschen hindurch schon durchgemacht hat in früheren Entwicklungsstadien, er ist ja auch das erste, was sich in der menschlichen Embryonalentwicklung ausgestaltet, deshalb kann er in leiblicher Hinsicht am vollkommensten ausgebildet sein. Das Seelische ist so verbunden mit dem Kopf, dass das Kind noch während es sich in den ersten Lebensjahren entwickelt im Kopfe alles seelische träumt. Und der Geist schläft im Kopfe. Denn wenn man träumend schläft, so ist man mit seinem Geistig-Seelischen außerhalb des Leibes. Das Kind ist bei denen, die in seiner Umgebung sind. Daher ist das Kind ein nachahmendes Wesen.

Der Kopf macht in der ersten sieben Lebensjahren eine letzte Entwicklung der Formbildung durch und schließt diese mit dem Zahnwechsel ab. Die Brust ist ein leiblich-seelischer Organismus, nur den Geist hat sie noch als einen träumenden außer sich. Bei den Gliedmaßen liegt die Sache wieder anders. Da ist von dem ersten Augenblick des Lebens an Geist, Seele und Leib miteinander innig verbunden.

Wenn der Mensch geboren wird ist der Kopfgeist schon sehr, sehr ausgebildet, aber er schläft. Seine Kopfseele ist sehr ausgebildet, aber sie träumt nur. Diese Glieder müssen erst nach und nach erwachen. Als Gliedmaßenmensch ist der Mensch schon vor der Geburt zwar ganz wach, aber noch unausgebildet, unentwickelt.

Daraus sehen Sie, dass Ihnen das Kind schon etwas Beachtliches entgegenbringt, was es in seinem vollkommenen Geiste und in seiner relativ vollkommenen Seele durch die Geburt trägt.

Und Sie, Eltern und Pädagogen (Erzieher) haben nur auszubilden dasjenige, was das Kind an unvollkommenem Geist und noch unvollkommenerer Seele enthüllt, so dass Sie also hier eigentlich erst die wirkliche Charakteristik des Erziehens und Unterrichts bekommen. Eigentlich brauchen wir nur den Gliedmaßenmenschen und einen Teil des Brustmenschen auszubilden, die haben dann die Aufgabe, den Kopfmenschen zu wecken. Wenn das anders wäre, dann wäre das wirkliche Erziehen und Unterrichten überhaupt unmöglich. Denn denken Sie, wenn wir den ganzen Geist, den ein Mensch mit auf die Welt bringt in der Anlage, heranziehen und heran unterrichten wollten, dann müssten die Erzieher vollkommen dem gewachsen sein, was aus einem Menschen werden kann. Nun, da könnten Sie bald das Erziehen aufgeben, denn sie könnten ja nur so gescheite oder geniale Menschen heranziehen, als die Erzieher selber sind. Der Erzieher kommt selbstverständlich in die Lage, viel gescheitere und viel genialere Menschen auf irgendeinem Gebiete heran erziehen zu müssen, als er selber ist. Das ist nur möglich, weil wir es in der Erziehung eben nur mit einem Teil des Menschen zu tun haben. Mit jenem Teil des Menschen, den wir auch dann heran erziehen können, wenn wir nicht so gescheit und nicht so genial sind und vielleicht nicht einmal so gut sind, als er selbst zur Genialität, zur Gescheitheit, zur Güte veranlagt ist. Dasjenige, was wir als das Beste der Erziehung bewirken können, das ist eben die Willenserziehung und ein Teil der Gemütserziehung. Denn das was wir durch den Willen erziehen das heißt durch die Gliedmaßen, was wir durch das Gemüt erziehen, das heißt durch einen Teil des Brustmenschen, das können wir bis zu dem Grade von Vollkommenheit bringen, den wir selbst haben.

In der Sprache lebt ein gewisser Genius. Der Genius der Sprache ist genial; er ist gescheiter als wir selbst. Wir können viel lernen von der Art, wie die Sprache gefügt ist, wie die Sprache ihren Geist erhält. In unserer Umgebung ist aber auch noch Genius in anderem. Wir kommen trotz der Genialität der Sprache nicht an den schlafenden Kopfgeist des Neugeborenen Menschen. Wir würden aber eine große Lücke in der menschlichen Entwicklung schaffen, wenn wir nicht an seinen Kopfgeist herankommen. Wir können noch nicht das Kind mit zappelnden Beinen veranlassen, etwa zu turnen oder Eurythmie zu betreiben. Mit der Kunst können wir auch noch nicht heran. Erst wenn wir ihm nur die ersten Wortklänge vorsprechen können, dann setzt sich dasjenige, was wir durch die ersten Worte in den Stimmorganen loslösen, schon als Willensbetätigung in den schlafenden Kopfgeist hinein fort und beginnt ihn aufzuwecken. Aber in der allerersten Zeit haben wir zunächst gar keine passende Brücke. Es geht nicht ein Strom hinüber von den Gliedmaßen, in denen der Wille wach ist, der Geist wach ist, zum schlafenden Geist des Kopfes. Da braucht es einen anderen Vermittler noch. Da können wir als menschliche Erzieher in der ersten Zeit des Menschen nicht viele Mittel schaffen. Der Genius der Natur erschafft die Muttermilch, die diese Brücke bilden kann, ohne die wir als Babys verkümmern müssten. Die Muttermilch entsteht im weiblichen Menschen durch die milcherzeugenden Organe, die sich nach innen von den Gliedmaßen aus fortsetzen. Und indem wir dem Kind die Muttermilch geben, wirkt die Milch, als die einzige Substanz, wenigstens im wesentlichen, weckend auf den schlafenden Kopfgeist. Die Milch beliebt der Wecker des kindlichen Menschengeistes zu sein.

Sie sehen daraus, dass für die erste Zeit der menschlichen Entwicklung gesorgt ist durch den Genius der Natur selbst. Und wir nehmen, indem wir das Kind weiterentwickeln und erziehen, dem Genius der Natur in gewisser Weise seine Arbeit ab. Indem wir beginnen, durch die Sprache und durch unser Tun, welches das Kind nachahmt, auf das Kind durch den Willen zu wirken, setzen wir jene Tätigkeit fort, welche wir den Genius der Natur haben ausführen sehen, indem er das Kind mit Milch nährt und den Menschen nur Mittel sein lässt, diese Ernährung auszuführen. Damit sehen sie aber auch, dass die Natur natürlich erzieht. Denn ihre Ernährung durch die Milch ist das erste Erziehungsmittel. Indem wir durch die Sprache und durch unser Tun auf das Kind erzieherisch wirken, beginnen wir Menschen seelisch zu erziehen.

Was im Laufe der Kulturentwicklung durch äußere Konventionen entstanden ist, wie das Lesen und Schreiben, wird nicht durch die Geburt in das physische Erdendasein hereingebracht. Wenn wir diese Kulturkonvention, dem Kinde nicht bloß durch den Kopf eintrichtern, sondern wenn wir dem Kind auch durch Fühlen und Wollen dieses Lesen und Schreiben beibringen, dann tun wir ihm Gutes. Im guten Unterrichten darf der Lese- und Schreibunterricht nicht anders erteilt werden, als von der Kunst her. Lassen wir die Kinder erst autonom zeichnen und dann aus dem, was sie gezeichnet haben, die Schriftformen entwickeln, so bilden wir es durch den Gliedmaßenmenschen zum Kopfmensch heran.

Sie müssen bedenken, dass das Kind, während Sie es unterrichten und erziehen, auch noch richtig wachsen muss, was gewissermaßen nur indirekt in Ihren Arbeitsbereich gehört. Die Erziehung und der Unterricht darf nur so erfolgen, dass sie neben dem Bedürfnis des Wachstums einhergehen.

Denn, ist zunächst die Formbildung da bis zum Zahnwechsel vom Kopfe ausgehend, so ist während der Volksschulzeit da die Lebensentwicklung, das heißt, das Wachstum und alles, was damit zusammenhängt bis zur Geschlechtsreife. Die Geschlechtsreife bildet erst den Abschluss der Lebensentwicklung, die von dem Brustmenschen ausgeht.

Sie müssen gewissermaßen der Kamerad der Natur werden, denn die Natur entwickelt das Kind durch die Brustorganisation, durch Atmung, Ernährung, Bewegung und so weiter. Aber wenn Sie diese Naturentwicklung gar nicht kennen, wie sollen Sie ein guter Kamerad der Kinderentwicklung werden?

Bis zu einem gewissen Grade haben Sie es sogar seelisch in der Hand, diejenigen Kräfte des Wachstums im heranwachsenden Kinde zu stören. Fordern wir nämlich dem Gedächtnis zu viel ab, dann machen wir den Menschen innerhalb gewisser Grenzen zum schmal aufschießenden Wesen. Und muten wir der Phantasie zu viel zu, dann halten wir den Menschen in seinem Wachstum zurück. Gedächtnis und Phantasie stehen mit den Lebensentfaltungskräften des Menschen in einem geheimnisvollen Zusammenhang. Phantasievolle Kinder wachsen anders als gedächtnisbegabte Kinder wachsen.

In der wirklichen Welt ist alles in gegenseitiger Beziehung. Und wir lernen diese gegenseitigen Beziehungen nur kennen, wenn wir uns mit unserer Auffassungsgabe auch ein bisschen anpassen. Das heißt, wenn wir unsere Auffassungsgabe nicht so gebrauchen, dass wir alles richtig definieren wollen, sondern dass wir diese Auffassung selbst beweglich machen, so dass sie das, was sie einmal erkannt hat, auch innerlich, begrifflich erneut ändern kann.

Zwölfter Vortrag

Was tut denn eigentlich der Kopf, indem er seine Arbeit verrichtet in Zusammenhang mit dem Brustsystem und dem Gliedmaßensystem? Der Kopf formt, er gestaltet unaufhörlich. Unser Leben besteht eigentlich darin, dass in den ersten sieben Lebensjahren eine starke Gestaltung ausgeht, die sich auch bis in die physische Form hinein ergießt, dass dann aber der Kopf immer noch nachhilft die Gestalt erhält, die Gestalt durchseelt, die Gestalt durchgeistigt. Aber der Kopf bildet nicht unsere eigentliche Menschengestalt, sondern der Kopf will dauerhaft im Geheimen etwas anderes aus dem Menschen machen. All die Gestaltungen findet man in den verschiedenen Tierformen draußen in der Natur ausgebreitet. Schauen Sie das Tierreich an, so können sie sich sagen: Das bin ich selbst, nur erweist mir mein Brustsystem und mein Gliedmaßensystem die Gefälligkeit, fortwährend, indem vom Kopf ausgeht zum Beispiel die Wolfsgestalt, diese Wolfsgestalt umzuwandeln zur Menschenform. Sie überwinden in sich fortlaufend das Animalische. Sie bemächtigen sich seiner so, dass Sie es in sich nicht ganz zum Dasein kommen lassen, sondern es metamorphosieren, umgestalten. Es ist also der Mensch durch sein Kopfsystem mit der tierischen Umwelt in einer Beziehung, aber so, dass er in seinem leiblichen Schaffen über diese tierische Umwelt fortwährend hinausgeht. Fortwährend bewegen sich da übersinnlich die tierischen Formen im Menschen und werden aufgelöst. Was da sinnlich nicht zum Ausdruck kommt, vom Kopfe nach unten strömend, aber übersinnlich wirkt im Menschen als Gedankenprozess. Ihr Kopf ist nicht nur der Faulenzer auf den Schultern, sondern er ist derjenige, der sie eigentlich gerne in der Tierheit erhalten möchte. Er gibt Ihnen die Formen des ganzen Tierreiches und will diese nachbilden.

Auch das Rumpfsystem steht zur Umgebung in Beziehung. Im Rumpf-Brustsystem spielt sich das Hauptsächlichste des Blutkreislaufes, die Atmung, die Ernährung ab. All diese Prozesse sind in einer Wechselbeziehung zu dem, was draußen in der physisch-sinnlichen Natur, in der Pflanzenwelt vor sich geht. Nehmen wir zunächst die Atmung. Durch die Atmung nimmt der Mensch Sauerstoff auf und verbindet ihn mit dem Kohlenstoff zu Kohlensäure. Der Kohlenstoff ist im Organismus durch die umgewandelten Ernährungsstoffe. Würde der Mensch die Kohlensäure nicht herauslassen, könnte die ganze Vegetation im Menschen beginnen zu wachsen. Denn die Pflanze assimiliert die Kohlensäure und gibt den Sauerstoff ab. Den Kohlenstoff behält sie zurück und bildet Stärke und Zucker und alles was in ihr ist; daraus baut sie sich ihren ganzen Organismus auf. Wenn sie die Pflanzenwelt ansehen, ist sie metamorphosierter Kohlenstoff, der abgesondert ist aus dem Assimilationsprozess. Dem menschlichen Atmungsprozess entspricht bei den Pflanzen der umgekehrte Prozess, der Assimilationsprozess.

Das Rumpfsystem hat stark die Neigung, unaufhörlich die Pflanzenwelt entstehen zu lassen. Kopf und Gliedmaßen lassen es nicht dazu kommen, sie wehren sich dagegen. Und so treibt der Mensch die Kohlensäure heraus und lässt das Pflanzenreich nicht in sich, sondern draußen aus der Kohlensäure entstehen. Mit Bezug auf das Brust-Rumpfsystem ist der Mensch in der Lage, das Gegenreich des Pflanzlichen zu erschaffen. Wenn Sie sich das Pflanzenreich vorstellen als positiv, so erzeugt der Mensch das Negativ. Er erzeugt nämlich ein umgekehrtes Pflanzenreich. Und im Grunde genommen bestehen die inneren Erkrankungen, die herrühren vom Brust-Rumpfsystem, darin, dass der Mensch zu schwach ist, um die in ihm entstehende Vegetation rechtzeitig zu verhindern. So dass man das Wesen der Erkrankungsprozesse darin suchen muss, dass Pflanzen im Menschen anfangen zu wachsen. In einem gewissen Sinne haben wir in der pflanzlichen Umwelt auch die Vorbilder unserer Krankheiten. Das ist das merkwürdige Geheimnis im Zusammenhang des Menschen mit der Naturumwelt, dass er nicht nur, Bilder seiner Entwicklung bis zur Geschlechtsreife in den Pflanzen zu sehen hat, sondern dass er in den Pflanzen draußen, ausdrücklich insofern diese Pflanzen in sich die Anlage zum Fruchtwerden tragen, die Bilder seiner Erkrankungsprozesse zu sehen hat. Es kommt darauf an, dass wir unsere Leibeskonstitution so erhalten, dass für all das vegetabilische Gezücht kein brauchbarer Nährboden mehr da ist, wenn wir das tun, dann werden diese Herrschaften nicht allzu große Verheerung bei uns selbst anrichten können. Die Medizin wird dann einmal eine Wissenschaft sein, wenn sie jede einzelne Krankheit in Parallele bringen wird zu irgendeiner Form der Pflanzenwelt.

Aber es hängt ja auch mit dem normalen Ernährungsprozess zusammen. Bei der Ernährung nimmt der Mensch auch die Stoffe seiner Umwelt in sich auf und verwandelt sie gerade mit Hilfe des Sauerstoffes aus der Atmung. Was da im Menschen vor sich geht ist das Mittelstück eines Verbrennungsprozesses. Denn es ist für den Menschen zerstörend, wenn die allerersten Stadien eines Verbrennungsprozesses, wie er in der Fruchtbereitung vor sich geht, im menschlichen Organismus vollzogen werden; zum Beispiel, wenn der Mensch ganz unreifes Obst genießt. Wird der Prozess zu seinem Ende getrieben, kommt es dahin, wohin es zum Beispiel das reife Obst draußen bringt, dass es fault, da muss der Mensch vorher die Ernährungsstoffe ausscheiden.

Die Atmung des Menschen ist das Anti-Pflanzenreich, und sie verbindet sich innerlich mit dem Ernährungsprozess, der ein Mittelstück zu dem Prozess draußen ist. Da verbindet sich das Seelische, das der Anti-Pflanzenprozess ist, mit dem menschlich gewordenen Leiblichen, das immer das Mittelstück ist der Naturprozesse. Der Mensch verbindet sich leiblich nur mit dem mittleren Teil der Naturprozesse, und er durchseelt diese Naturprozesse im Atmungsprozess.

Nun bleibt uns noch die Frage: Wie stehen nun eigentlich Knochengerüst und Muskeln zum gesamten menschlichen Lebensprozess, wenn wir den Menschen betrachten leiblich in seiner Beziehung zur Außenwelt. Es sind alles ganz maschinelle Bewegungen, die ausgeführt werden wenn wir Arme und Beine bewegen, beim Gehen kommt fortwährend die ganze Maschinerie Ihres Leibes in Bewegung, und fortwährend wirken Kräfte. Sie sind groß im Irrtum, wenn Sie glauben, dass Sie mit Ihrem Ich in Muskeln und Fleisch leben. Sie leben mit Ihrem Ich, auch wenn sie wachen, nicht in Muskeln und Fleisch, sondern Sie leben mit Ihrem Ich hauptsächlich in den Kräften, durch die Ihr Leib seine Bewegungen ausführt. Es ist gar nicht wahr, dass wir in unserem sichtbaren Körper mit unserem Ich leben. Wir leben mit unserem Ich in den Kräften. Unseren sichtbaren Körper tragen wir nur mit; den schleppen wir nur mit während unseres physischen Erdenlebens bis zum Tode. Wir leben aber auch im wachen Zustand lediglich in einem Kraftleib. Ihr Gliedmaßensystem, das Knochengerüst und das Muskelsystem haben die fortwährende Tendenz, der Mineralbildung der Erde entgegenzuwirken, das heißt, die Minerale aufzulösen. Die Kräfte, die die Mineralien im Menschen auflösen kommen vom Gliedmaßensystem.

Wenn der Krankheitsprozess über das bloß Vegetative hinausgeht, das heißt, wenn der Körper die Tendenz hat, nicht nur das Pflanzliche in sich beginnen zu lassen, sondern auch den mineralischen Kristallisationsprozess, dann ist eine höhere, sehr zerstörerische Form von Krankheit vorhanden, zum Beispiel die Zuckerkrankheit. Dann ist der menschliche Leib nicht in der Lage, aus der Kraft seiner Gliedmaßen heraus, die er von der Welt aufnimmt, das Mineral, das er fortwährend auflösen soll, wirklich aufzulösen. Und wenn heute die Menschen gerade jener Krankheitsformen, die vielfach von krankhaftem Mineralisieren im Menschenleib herrühren, nicht Herr werden können, so beruht das vielfach darauf, dass wir nicht genügend, die Gegenmittel gegen diese Erkrankungsform, anwenden können die wir alle hernehmen müssten aus den Zusammenhängen der Sinnesorgane oder des Gehirns, der Nervenstränge und dergleichen. Wir müssten die Scheinstoffe, die in den Sinnesorganen sind, die in Gehirn und Nerven sind, diese zerfallende Materie, die müssten wir in irgendeiner Form verwenden, um solcher Krankheiten Herr zu werden, wie Gicht, Zuckerkrankheit und dergleichen. Auf diesem Gebiet kann erst das wirklich der Menschheit Heilsame erreicht werden, wenn einmal der Zusammenhang des Menschen mit der Natur ganz durchschaut wird.

Der Leib des Menschen wird auf keine andere Weise erklärlich, als dadurch man zuerst seine Vorgänge, seine Prozesse kennt, indem man weiß, dass der Mensch in sich das Mineral auflösen, das Pflanzenreich umkehren und das Tierreich über sich hinausführen, das heißt, vergeistigen muss.

Dreizehnter Vortrag

Durch eine ganz entgegengesetzte Gestaltung des Gliedmaßen- zum Kopfmenschen können wir ein zweifaches Verhalten des Menschen zur Außenwelt erkennen.

Indem Sie Ihre Handfläche und ihre Fußsohlenfläche der Außenwelt entgegenhalten und auf den Boden aufsetzen, strömt von außen durch diese Flächen dasselbe ein, was von innen gegen die Stirne zuströmt. Es geht eigentlich das Geistig-Seelische als Strömung durch den Menschen durch. Darum ist der Mensch ein Stauapparat für das Geistig-Seelische. Die Wirkung des Geistig-Seelischen gegenüber der äußeren Leiblichkeit ist ein fortwährendes Aufsaugen des Menschen. Es muss ein Gleichgewicht geschaffen werden zwischen dem Aufsaugenden Geistig-Seelischen und dem fortwährenden Aufbauenden des Leibes. Darin ist das Brust-Bauchsystem eingeschoben, welches sich der Zerstörung des eindringenden Geistig-Seelischen entgegen wirft und welches von sich aus den Menschen durchdringt mit Materiellem.

Daraus aber ersehen Sie, dass die Gliedmaßen des Menschen auch wirklich das Geistigste sind, denn da in den Gliedmaßen wird noch am wenigsten der Materie erzeugende Prozesse im Menschen vorgenommen. Nur dasjenige, was vom Bauch-Brustsystem an Stoffwechselvorgängen in die Glieder hineingeschickt wird, das macht das sie materiell sind.

Unsere Glieder zehren an unserem Leib, wenn sie sich bewegen. Bewegen sich die Glieder zu wenig, oder bewegen sie sich nicht entsprechend, dann zehren sie nicht genug am Leibe. Das Brust-Bauchsystem behält dadurch etwas übrig und verwendet es dazu, um überschüssige Materialität im Menschen zu erzeugen. Es durchdringt ihn immer mehr und mehr mit Fett, was nicht geistig-seelisch veranlagt ist im wahren Sinne des Wortes. Wenn aber dieses Fett in abnormer Weise eingelagert wird in den Menschen, dann stellt sich eigentlich dem geistig-seelischen Prozess, der als ein verzehrender Saugprozess eindringt, zu viel entgegen, und dann wird ihm sein Weg zum Kopfsystem hin erschwert.

Denn in diesem Haupt des Menschen staut sich das Geistig-Seelische und was es von der Materie mitträgt, schlägt im Inneren des Gehirns zurück, so dass sich überschlagende Strömungen im Gehirn bilden. Und wenn Materie, die noch vom Leben durchdrungen ist, in sich selbst zusammenfällt, also so zurückschlägt, dann entsteht der Nerv. Der Nerv entsteht immer, wenn vom Geiste durch das Leben getriebene Materie in sich selbst zusammenfällt und im lebendigen Organismus drinnen abstirbt. Deshalb ist der Nerv im lebendigen Organismus drinnen abgestorbene Materie, so dass sich also das Leben so verschiebt, sich in sich selbst staut, Materie abbröckelt, zusammenfällt. Das Geistig-Seelische bereitet sich selbst eigene Wege. So entstehen Kanäle im Menschen, die überall hingehen, die ausgefüllt sind von erstorbener Materie, die Nerven, durch die es durch kann. Denn durch das, was organisch lebt, geht das Geistig-Seelische nicht durch.

Das Lebendig-Organische, das Lebendig-Leibliche ist Geist-undurchlässig; das Physisch-Tote, das Knöcherig-Nervöse ist geistdurchlässig.

„Blut ist ein ganz besonderer Saft“, denn er ist so gegenüber dem Geist, wie undurchsichtige Materie gegenüber dem Lichte ist; es lässt den Geist nicht durch, es behält ihn in sich. Nervensubstanz ist eigentlich auch eine ganz besondere Substanz. Sie ist wie durchsichtiges Glas gegenüber dem Lichte. Wie durchsichtiges Glas das Licht durchlässt, so lässt materiell physische Materie, auch Nervenmaterie, den Geist durch. Da haben Sie den Unterschied zwischen zwei Bestandteilen des Menschen: zwischen dem, was in ihm Mineral ist, was geistdurchlässig ist, und dem, was in ihm mehr tierisch, mehr organisch-lebendig ist, was den Geist in ihm aufhält, was den Geist veranlasst, die Formen hervorzubringen, die den Organismus bilden.

Nun folgt aber daraus für die Behandlung des Menschen allerlei. Wenn der Mensch körperlich arbeitet, so bewegt er seine Glieder, das heißt, er schwimmt ganz und gar im Geiste. Das ist nicht der Geist der sich schon in uns gestaut hat; das ist der Geist, der draußen ist.

Wenn wir nun geistig arbeiten, wenn wir denken und lesen, da haben wir es mit dem Geistig-Seelischen zu tun, das in uns drinnen ist. Da arbeitet das Geistig-Seelische in uns und bedient sich fortwährend unseres Leiblichen und es kommt ganz in uns in einem leiblich-körperlichen Prozess zum Ausdruck. Da wird fortwährend drinnen durch dieses Stauen Materie in sich zurückgeworfen. Bei der geistigen Arbeit ist unser Leib in einer übermäßigen Tätigkeit; bei der körperlichen Arbeit ist dagegen unser Geist in einer übermäßigen Tätigkeit. Der Geist umspült uns, indem wir körperlich arbeiten. Die Materie ist bei uns tätig, rege, indem wir geistig arbeiten. Dieses Paradoxon muss man sich aneignen und es verstehen.

Man kann nicht verständig denken über Arbeit, sei es nun geistige oder leibliche Arbeit, über Erholung und Ermüdung.

Was ist die Folge von zu viel körperlicher Arbeit?

Der Geist umspült uns und gewinnt eine zu große Gewalt, dadurch müssen wir uns dem Geiste zu lange übergeben, das heißt, wir müssen lange schlafen. Und zu langer Schlaf fördert wiederum zu stark die leibliche Tätigkeit, die vom Brust-Bauchsystem ausgeht, die nicht vom Kopfsystem ausgeht. Sie wirkt zu stark das Leben anregend, wir werden fiebrig, zu heiß.

Der Mensch kann eigentlich gar nicht die Arbeit unterlassen. Der Träge tut eigentlich, äußerlich angeschaut, gar nicht weniger als der Fleißige, aber er tut es sinnlos. Der Fleißige wendet sich an die Außenwelt und verbindet seine Tätigkeit mit einem Sinn. Und das ist der Unterschied. Sinnloses sich betätigen, wie es der Träge tut, das ist dasjenige, was mehr zum Schlaf verleitet, als sinnvolles Sich-Betätigen. Denn sinnvolles Sich-Betätigen lässt uns nicht nur im Geiste herum plätschern, sondern indem wir uns sinnvoll bewegen mit unserer Arbeit, ziehen wir den Geist allmählich hinein. Indem wir die Hand ausstrecken zu sinnvoller Arbeit, verbinden wir uns mit dem Geiste, und der Geist braucht wiederum nicht zu viel unbewusst arbeiten im Schlafe, weil wir bewusst mit ihm arbeiten. Also nicht darauf kommt es an, dass der Mensch tätig ist, denn das ist der Träge auch, sondern inwiefern der Mensch sinnvoll tätig ist.

Sinnlos tätig ist der Mensch, wenn er nur so tätig, ist wie es sein Leib erfordert.

Sinnvoll tätig ist er, wenn er so tätig ist, wie es seine Umgebung erfordert.

Wie ist es mit der geistigen Arbeit?

Verbringen wir unseren Tag restlos nur in gelehrter Tätigkeit, so haben wir am Abend zu viel zerfallene Materie in uns, zerfallene organische Materie. Die wirkt in uns. Die stört uns den ruhigen Schlaf. Aber wenn wir uns zu stark geistig-seelisch anstrengen, wenn wir Schwieriges lesen, so dass wir beim Lesen auch denken müssen, wenn wir also zu viel denkend lesen wollen schlafen wir darüber ein. Oder wenn wir denjenigen Leuten zuhören, deren Worten man mit seinem Denken folgen muss, weil sie einem etwas sagen, was man noch nicht weiß, dann wird man müde und schlaftrunken.

Nun, da ist wiederum ein Zweifaches vorhanden. Wie ein Unterschied zwischen sinnvoller Betätigung und sinnlosem tätig sein ist, ist auch ein Unterschied zwischen der mechanisch verlaufenden inneren Denk- und Anschauungstätigkeit und zwischen der fortwährend mit Gefühlen begleiteten inneren Denk- und Anschauungstätigkeit. Wird unsere geistig-seelische Arbeit so getrieben, dass wir fortwährendes Interesse mit ihr verbinden, dann belebt das Interesse, belebt die Aufmerksamkeit unsere Brusttätigkeit und lässt die Nerven nicht im Übermaße absterben. Je mehr sie mit Interesse, mit Wärme alles verfolgen, desto mehr fördern Sie die Bluttätigkeit, das Lebendig-erhalten-werden der Materie, desto mehr verhindern Sie auch, dass Ihnen die geistige Tätigkeit den Schlaf stört. Wenn man dem Examen entgegen büffeln muss, nimmt man eben sehr viel auf gegen das Interesse. Denn würde man nur nach seinem Interesse aufnehmen, dann würde man bestenfalls durchfallen. Die Folge ist, dass einem das Büffeln zum Examen den Schlaf zerstört, dass es in unser normales Menschendasein Unordnung hineinbringt. Diese Examina ganz wegzulassen kann unter den heutigen Verhältnissen vorläufig nur ein Ideal sein, wie ich sie überhaupt bitte, nicht ihre Rebellennatur zu stark nach außen zu kehren. Kehren Sie zunächst dasjenige, was sie vorzubringen haben gegen unsere gegenwärtige Kultur, wie Stacheln nach innen, damit sie langsam dahin wirken, dass die Menschen anderes denken lernen, dann werden auch die äußeren sozialen Verhältnisse in andere Formen eintreten, als sie jetzt sind.

Aber man muss alles in Zusammenhang denken. Man muss wissen, dass Eurythmie, von Sinn durchzogene äußere Tätigkeit, Vergeistigen der körperlichen Arbeit, und Interessant machen des Unterrichts in nicht banaler Weise, Beleben, Durchbluten der intellektuellen Arbeit ist.

Wir müssen die Arbeit nach außen vergeistigen; wir müssen die Arbeit nach innen, die intellektuelle Arbeit, durchbluten. Denken Sie über diese zwei Sätze nach, der erstere hat eine bedeutsame erzieherische und bedeutsame soziale Seite, der letztere hat eine bedeutsame erzieherische und auch eine bedeutsame hygienische Seite.

Quellen:

Rudolph Steiner:

– Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik

– Die Geheimwissenschaft im Umriss

Inhoudsopgave